Der Raben Speise by F.G. Klimmek

Der Raben Speise by F.G. Klimmek

Autor:F.G. Klimmek
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: KBV Verlag
veröffentlicht: 2004-06-15T00:00:00+00:00


Nach einigen Minuten war die Reizung verschwunden und ich mit dem Wein im Bauch und dem wärmenden Nass um mich herum so weit entspannt, dass ich vor lauter Wohlbefinden fast ins Wasser geschissen hätte, als sich die Tür öffnete und der Mann eintrat, der mich mit seiner visionären Rede, bei der er mir nur schattenhaft erschienen war, vor dem Sterben gerettet hatte. Es war Bernhard Rothmann, ein Prädikant von großer Beredsamkeit und starker persönlicher Präsenz, der als Kaplan des Mauritzstifts schon früher durch seine Neuerungsideen auf sich aufmerksam gemacht hatte, als Franz noch gar nicht im Amt war. Er war der Mann, der ganz entscheidend in Münster den Boden für das Täufertum aufbereitet hatte und damit ein bevorzugter Feind des Bischofs.

Während er sich selbst einen Schemel heranzog, musterte er mich aus spöttisch zusammengekniffenen Augen. »Nun, Sonderbeauftragter seiner fürstbischöflichen Exzellenz, ist der Heilige Geist wieder aus dir hinausgefahren und hat das Jucken nachgelassen?« Mein erstauntes Gesicht nötigte ihm ein Lächeln und eine Erklärung ab. »Ich habe mir gedacht, dass ich dich am besten aus deiner misslichen Lage befreien kann, wenn ich dich zu einem Gegenstück der Amsterdamer Nacktläufer mache – und es hat ja offensichtlich auch geklappt. Da ich auf eine plötzliche göttliche Erleuchtung deinerseits verständlicherweise nicht vertrauen konnte, musste Hilla ein wenig nachhelfen mit einem Pulver, das dein Freund Ossenstert zur Verfügung gestellt hat. – Nun, sein Gegenmittel ist anscheinend genauso wirksam.«

Er wurde durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen. Die alte Hilla trat breit grinsend herein und legte ein Bündel Kleidung sowie ein Trockentuch auf den Tisch. Nachdem sie mir etwas von meinem Badewasser ins Gesicht geschnipst und mit schelmischem Blick ihr »Na, mein schöner Prinz, ist alles wieder beieinander?« losgeworden war, ließ sie uns wieder allein und Rothmann konnte fortfahren.

»Du fragst dich bestimmt, warum du Bischofsknecht hier so munter im Wasser planschst und nicht längst tot bist, nicht wahr? Ich will es dir verraten: Weil ich dich brauche. – Mir ist schon lange klar, dass der Bischof auf dieses Genie der Heilkunst und Forschung nicht ewig würde verzichten können. Deshalb habe ich Ossensterts Haus seit Wochen heimlich beobachten lassen, denn irgendwann musste einer von deinesgleichen kommen.«

Das also war die Bewegung im Dunkeln gewesen, die ich bei meiner Ankunft aus dem Augenwinkel bemerkt hatte. Geholfen hatte es mir allerdings nicht.

Rothmann schien meine Gedanken lesen zu können. »Oh doch, es hat dir genützt, dass mein Mann da war. Jan Mathijs und seine Verehrer sind nicht dumm, sie haben genau dieselben Überlegungen angestellt wie ich und ließen deshalb jeden verfolgen, der sich als Landsknecht ausgab oder sonst wie ins Bild passte, sich aber nicht sofort nach seiner Ankunft auf dem Rathaus meldete. Zusätzlich hatten sie einen weiteren Trupp in der Apotheke stationiert, der jeden Ankömmling so lange festhalten sollte, bis die Verstärkung eintraf. Aber bei dir war ja alles so sonnenklar, da brauchte man erst gar nicht lange zu warten, um dir eins über den Schädel zu geben. – Doch kurz und gut, ich brauche deine Hilfe, deshalb dieser ganze faule Zauber.



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