Der Prinz und der Söldner by Lois McMaster Bujold
Autor:Lois McMaster Bujold
Die sprache: de
Format: mobi
KAPITEL 11
Schnelle Stiefelschritte weiter oben im Korridor lenkten Miles’ Aufmerksamkeit auf sich. Er stieß einen lang zurückgehaltenen Seufzer der Erleichterung aus und stand auf. Elena.
Sie trug die Interimsuniform eines Söldneroffiziers: eine grauweiße Jacke mit Taschen, Hosen und Halbstiefel, die an ihren schlanken, langen Beinen glänzten.
Sie war immer noch groß, immer noch schlank, hatte immer noch eine bleiche, reine Haut, bernsteinbraune Augen, eine aristokratisch gebogene Nase und eine lange, wie von einem Bildhauer modellierte Kinnpartie. Sie hat sich ihr Haar abschneiden lassen, dachte Miles ganz benommen. Verschwunden war die glattglänzende schwarze Kaskade, die bis zu ihrer Taille gereicht hatte. Jetzt war es über den Ohren gestutzt, nur kleine schwarze Spitzen blieben als Ornament über ihren hohen Wangenknochen und ihrer Stirn, eine ähnliche Spitze als Echo über ihrem Nakken: streng, praktisch, sehr schneidig. Soldatenhaft.
Sie trat heran und betrachtete Miles, Gregor und die vier Oserer.
»Gute Arbeit, Chodak.« Sie ließ sich neben dem Körper, der ihr am nächsten lag, auf ein Knie nieder und suchte an seinem Hals nach einem Puls. »Sind sie tot?«
»Nein, nur betäubt«, erklärte Miles.
Sie blickte mit einem gewissen Bedauern auf die offene innere Tür der Luftschleuse. »Wahrscheinlich können wir sie nicht in den Raum hinauswerfen.«
»Sie waren gerade dabei, uns hinauszuwerfen, doch nein. Aber wir sollten wohl dafür sorgen, daß niemand sie sieht, während wir abhauen«, sagte Miles.
»In Ordnung.« Sie stand auf und nickte Chodak zu. Er half Gregor, die betäubten Männer in die Luftschleuse zu schleifen. Elena blickte mit Stirnrunzeln auf den blonden Leutnant, der mit den Füßen voran an ihr vorbeigezogen wurde. »Das soll nicht heißen, daß ein Sturz in den Weltraum nicht gewisse Persönlichkeiten verfeinern würde.«
»Kannst du uns ein Schlupfloch zeigen?«
»Deshalb sind wir ja gekommen.« Sie wandte sich den drei Soldaten zu, die ihr vorsichtig gefolgt waren. Ein vierter hielt am nächsten Querkorridor Wache. »Es scheint, daß wir direkt Glück gehabt haben«, sagte sie zu ihnen. »Geht mal vor und macht die Durchgänge auf unserer Fluchtroute frei — ganz diskret. Dann verschwindet. Ihr seid nicht hier gewesen und habt nichts gesehen.«
Sie nickten und zogen sich zurück. Miles hörte sie im Weggehen murmeln: »War er das?«
»Ja, klar …«
Miles, Gregor und Elena drängten sich neben die Betäubten in die Schleuse und schlossen vorübergehend die innere Tür. Chodak hielt draußen Wache. Elena half Gregor, dem Oserer, der seiner Körpergröße am nächsten kam, die Stiefel auszuziehen, während Miles die blaue Gefangenenkleidung ablegte und dann in Victor Rothas zerknitterter Kleidung dastand, die jetzt um so schlimmer aussah, da er sie vier Tage getragen und darin geschlafen und geschwitzt hatte. Miles wünschte sich Stiefel anstatt der Sandalen, die die Füße verwundbar machten, aber hier waren keine in seiner Größe dabei.
Während Gregor sich eine grau-weiße Uniform überzog und seine Füße in die Stiefel steckte, tauschten er und Elena vorsichtige Blicke aus.
Jeder war über den anderen erstaunt.
»Du bist es wirklich.« Elena schüttelte entsetzt den Kopf. »Was tust du hier?«
»Es war alles ein Irrtum«, sagte Gregor.
»Keine Lüge bitte. Wessen Irrtum?«
»Meiner, fürchte ich«, sagte Miles. Es ärgerte ihn ein wenig, daß Gregor ihm nicht widersprach.
Ein eigentümliches Lächeln, ihr erstes, verzog Elenas Lippen.
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