Der Page und die Herzogin by Georgette Heyer

Der Page und die Herzogin by Georgette Heyer

Autor:Georgette Heyer [Heyer, Georgette]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-7325-3177-6
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2016-05-14T16:00:00+00:00


19.

Lord Ruperts Gegenstreich

Léonie erwachte seufzend. Übelkeit drohte sie zu übermannen, und einige Minuten lang lag sie mit geschlossenen Augen noch halb betäubt da. Mit der Zeit ließ die Wirkung der Droge nach, und sie führte mühsam eine Hand an den Kopf. Verwirrt blickte sie um sich und entdeckte, dass sie allein auf einem Sofa in einem fremden Raum lag. Nach und nach stellte sich das Gedächtnis wieder ein; sie stand auf und trat ans Fenster.

«Tiens!», sagte sie im Hinausblicken. «Wo bin ich denn jetzt? Ich kenne diese Gegend nicht. Es ist die See.» Sie starrte bestürzt auf den Hafen. «Dieser Mann gab mir etwas Übles zu trinken, erinnere ich mich nun. Und ich fiel darauf wohl in Schlaf. Wo ist der böse Comte? Ich glaube, ich habe ihn recht fest gebissen, und ich weiß, dass ich ihm einen Tritt gab. Und dann kamen wir in dieses Wirtshaus – wo war’s denn nur? Meilenweit weg von Avon –, und er brachte mir Kaffee.» Sie kicherte. «Und ich schüttete ihn ihm ins Gesicht! Wie er da fluchte! Dann brachte er nochmals Kaffee und zwang mich, ihn zu trinken. Brrr! Kaffee nannte er das? Ein Sautrank war’s! Was geschah dann? Peste, ich weiß nicht mehr!» Sie wandte sich um, blickte auf die Kaminuhr und runzelte die Stirn. «Mon Dieu, was soll dies?» Sie trat zur Uhr und fasste sie fest ins Auge. «Sotte!», sprach sie sie an. «Wie kannst du die Mittagsstunde zeigen? Mittag war’s, als er mich diesen ekligen Sautrank hinunterzuwürgen zwang. Tu ne marches pas.»

Doch das ununterbrochene Ticken strafte sie Lügen. Sie legte den Kopf schief.

«Comment? Voyons, das versteh ich nicht. Außer –» ihre Augen weiteten sich – «es wäre schon Morgen?», fragte sie sich. «Es ist Morgen! Dieser Mann versenkte mich in Schlaf, und ich habe den ganzen Tag und die ganze Nacht geschlafen! Sacré bleu, habe ich eine Wut auf diesen Mann! Bin froh, dass ich ihn gebissen habe. Er will mich sicher töten, aber warum? Vielleicht wird Rupert mich retten kommen, doch ich glaube, ich werde mich lieber selbst retten und nicht auf Rupert warten, denn ich mag nicht von diesem Comte getötet werden.» Sie überlegte. «Nein, vielleicht will er mich gar nicht töten. Doch wenn nicht – Grand Dieu, kann’s sein, dass er mich entführt? Nein, das ist nicht möglich, hält er mich doch für einen Knaben. Und ich glaube nicht, dass er mich sehr lieben kann.» Ihre Augen zwinkerten voll Mutwillen. «Nun will ich fliehen», sagte sie.

Doch die Tür war versperrt, und die Fenster waren zu klein, als dass man durch sie hätte schlüpfen können. Das mutwillige Zwinkern erstarb, und der zarte Mund verzog sich zu einer rebellischen Grimasse.

«Parbleu, mais c’est infâme! Er sperrt mich ein, enfin! Oh, ich bin sehr, sehr zornig!» Sie legte den Finger auf die Lippen. «Hätte ich einen Dolch, würde ich ihn töten, aber ich habe keinen Dolch, tant pis. Was nun?» Sie hielt inne. «Ich glaube, ich habe ein bisschen Angst», gestand sie sich. «Ich muss diesem bösen Menschen entkommen. Es wird vielleicht besser sein, wenn ich mich noch immer schlafend stelle.



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