Der Orchideenpalast by El Omari Laila
Autor:El Omari, Laila [El Omari, Laila]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-06-21T22:00:00+00:00
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Louis hatte seine Mutter zum Parvati-Tempel begleitet und war drauÃen geblieben, um auf sie zu warten. Inzwischen bat sie ihn nicht mehr, mit ihr hineinzugehen, wie sie das noch in seiner Jugend getan hatte. Der Vortag war gewittrig gewesen und hatte sich die Nacht durch in heftigen Regengüssen entladen. Wie frisch gewaschen war die Luft, und es roch nach Gras und feuchtem Holz. Louis setzte sich auf eine niedrige Mauer, lehnte mit dem Rücken an einen Baumstamm und beobachtete die Leute.
Nicht weit entfernt von dem Tempel war eine Moschee, und auch hier zogen sich die Betenden die Schuhe aus, ehe sie das Gebäude betraten. Die Bevölkerung Ceylons war gemischt, wenn auch den gröÃten Teil die buddhistischen Singhalesen ausmachten, deren Mönche im Land immer noch groÃen Einfluss ausübten. Die Briten waren so klug gewesen, sich nicht in die religiösen Belange des Volks einzumischen. Es gab auch so schon genug Reibereien. Von den Minderheiten waren die Tamilen die gröÃte Gruppe, und der Hinduismus war durchaus präsent auf der Insel. Die Muslime, überwiegend Moors, ehemalige arabische Kaufleute, hielten sich aus den tamilisch-singhalesischen Konflikten gänzlich heraus.
Die Singhalesen waren Anhänger des Thervada-Buddhismus, der hier jedoch stark vom Hinduismus beeinflusst war. Grund dafür war, dass die Singhalesen, die seinerzeit aus Nordindien nach Ceylon gekommen waren, ursprünglich dem Hinduismus angehört hatten. Ãhnlich diesem unterschied der eigentlich kastenlose Buddhismus hier verschiedene Kasten, die jedoch durchlässiger waren als das hinduistische Kastensystem. Zudem kannte das singhalesische keine Priester- und Kriegerkaste, sondern entwickelte sich eher im Rahmen eines feudalen Systems, wo bestimmte Tätigkeiten einer Kaste zugeordnet wurden, und teilte Adlige, Bauern, Zimtschäler und andere Gruppen in einzelne Kasten ein, wobei die Bauernkaste die gröÃte war. Innerhalb dieser Kasten heiratete man für gewöhnlich, und wie auch bei den Hindus gab es die Unberührbaren, hier die Rodis.
Louis waren sowohl der Buddhismus als auch der Hinduismus fremd geblieben. Das hinduistische Kastensystem auf Ceylon unterschied sich von dem in Indien. Zwar war es die bestimmende Kraft im sozialen Gefüge, aber die an der Spitze stehenden Brahmanen spielten kaum eine Rolle. Es gab keine Kshatriyas, die Kriegerkaste, daher dominierten die Vellala, das Gegenstück zur singhalesischen Bauernkaste. Darunter gab es noch die Händler und die Fischer. Die in den Diensten der Briten stehenden Tamilen waren die Arbeiterkaste, die Pallas, unter ihnen standen nur noch die kastenlosen Paraiyar. Es gab allerdings schon seit der Zeit der portugiesischen Einwanderer viele christliche Tamilen, denen die Predigten der Missionare von einer Gleichheit vor Gott gefielen, so dass insbesondere viele Angehörige der niederen Kasten sich vom Hinduismus abwandten.
Es war ein kompliziertes Gefüge, und obwohl Louis sich gänzlich heraushielt, war es ihm vertraut â ebenso die Abneigung gegen die Singhalesen. Dass der Stallbursche, der Estella ständig begleitete, einer war, war in Louisâ Augen ein weiterer Minuspunkt. Sogar nach Nuwara Eliyah hatte dieser Strolch sie und ihren Vater begleitet. Und Elizabeth Fitzgerald, die es offenbar nicht abwarten konnte, ihre Unschuld zu verlieren, hatte ihn in einer Weise angestarrt, die nicht anders als schamlos zu nennen war. Ihn, Louis, hatte sie ebenfalls so angesehen, lauernd,
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