Der Matarese-Bund by Ludlum Robert

Der Matarese-Bund by Ludlum Robert

Autor:Ludlum, Robert [Ludlum, Robert]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Heyne
veröffentlicht: 2012-06-25T22:46:49+00:00


20

An der Via Frascati gab es ein teures Restaurant, das den drei Brüdern Crispi gehörte, deren ältester das Etablissement mit dem Wahrnehmungsvermögen des Meisterdiebes und den Augen eines hungrigen Schakals leitete. Diese Eigenschaften wurden durch ein engelhaftes Gesicht und überschäumende Jovialität perfekt getarnt. Die meisten Bewohner der samtausgeschlagenen Lasterhöhlen des Dolce vita Roms beteten Crispi an, denn er war stets voll Verständnis und diskret, wobei seine Diskretion wertvoller war als seine Sympathie. Nachrichten, die man ihm anvertraute, wurden zwischen Männern und ihren Geliebten, Frauen und ihren Liebhabern, den Machern sowie den Gemachten übermittelt. Er war ein Fels im Meer der Frivolität; die frivolen Kinder aller Altersklassen liebten ihn.

Scofield benutzte ihn. Vor fünf Jahren, als die Probleme der NATO nach Italien übergriffen, hatte Bray seine Klauen in Crispi geschlagen. Der Restaurantbesitzer war eine bereitwillige Drohne gewesen.

Crispi war einer der Männer gewesen, die Bray hatte aufsuchen wollen, bevor Antonia ihm von den Scozzi-Paravacinis erzählt hatte; jetzt war es unerläßlich. Wenn es jemanden in Rom gab, der etwas mehr Licht auf eine aristokratische Familie wie die Scozzi-Paravacinis werfen konnte, so war dies der gesprächige Kronprinz der Narrheit, Crispi. Sie würden in dem Restaurant an der Via Frascati zu Mittag essen.

Ein frühes Mittagessen für römische Verhältnisse, überlegte Scofield, als er seine Kaffeetasse abstellte und auf die Uhr sah. Es war kaum Mittag. Die Sonne vor dem Fenster erwärmte das Wohnzimmer der Hotelsuite. Von der Via Veneto drang der Verkehrslärm zu ihm hinauf. Der Arzt hatte das Excelsior angerufen und kurz nach Mitternacht die nötigen Arrangements getroffen. Er hatte dem Empfangschef vertraulich erklärt, daß ein wohlhabender Patient plötzlich Quartier brauchte. Man hatte Bray und Antonia am Lieferanteneingang erwartet und sie mit dem Servicelift zu einer Suite im achten Stockwerk gebracht.

Er hatte eine Flasche Brandy bestellt und Antonia dreimal nacheinander eingeschenkt. Die gemeinsame Wirkung des Alkohols, der Medikamente, der Schmerzen und der Spannung hatten den Zustand erzeugt, von dem er wußte, daß er für sie der beste war: Schlaf. Er hatte sie ins Schlafzimmer getragen, entkleidet und zu Bett gebracht. Als er sie zudeckte und ihr Gesicht berührte, hatte er nur mühsam den Wunsch unterdrücken können, sich neben sie zu legen.

Ins Wohnzimmer zurückgekehrt, hatte er sich der Kleider aus der Via Condotti erinnert; er hatte sie in seinen Seesack gestopft, ehe er die Pension verließ. Der weiße Hut war von dieser unsanften Packmethode wohl ruiniert, aber das Seidenkleid war weniger zerdrückt, als er angenommen hatte. Er hatte die Kleider aufgehängt, ehe er selbst schlafen gegangen war.

Um zehn Uhr war er aufgestanden und in die Läden in der Vorhalle gegangen, um fleischfarbenes Make-up zu kaufen. Damit ließen sich Antonias Verletzungen kaschieren. Außerdem erstand er eine Gucci-Sonnenbrille, die ihn an die Augen eines Grashüpfers erinnerte. Er hatte sie mit den Kleidern auf den Stuhl neben dem Bett gelegt.

Vor einer Stunde hatte sie die Sachen gefunden. Das Kleid war der erste Gegenstand gewesen, auf den ihr Blick fiel, als sie die Augen öffnete.

»Sie sind meine persönliche Fanciulla!« hatte sie ihm zugerufen. »Ich bin eine Prinzessin in einem Märchen, und meine Zofen bedienen mich.



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