Der Mandant by Connelly

Der Mandant by Connelly

Autor:Connelly
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
veröffentlicht: 2014-01-31T16:00:00+00:00


Dienstag • 12. April

ZWEIUNDZWANZIG

Der Tag fing besser an, als es ein Strafverteidiger verlangen konnte. Kein Gerichtssaal, in dem ich mich einfinden, keine Mandanten, mit denen ich mich treffen musste. Ich schlief lange, verbrachte den Vormittag damit, die Zeitung von vorn bis hinten zu lesen, und war zudem glücklicher Besitzer einer Karte für das erste Heimspiel der Los Angeles Dodgers in der neuen Baseballsaison. Ein Spiel, das tagsüber stattfand und zu dem traditionsgemäß viele Strafverteidiger ins Stadion kamen. Meine Eintrittskarte hatte ich von Raul Levin. Er hatte insgesamt fünf Strafverteidiger zu dem Spiel eingeladen, um sich so für ihre Aufträge erkenntlich zu zeigen. Sicher würden die anderen während des gesamten Spiels herumnörgeln, weil ich Levin im Zuge der Vorbereitungen für den Roulet-Prozess für mich allein in Beschlag nahm. Aber ich würde mir davon nicht die Laune verderben lassen.

Wir befanden uns in der von außen betrachtet ereignislosen Phase vor dem Prozess, in der die juristische Maschinerie mit stetem, stillem Schwung läuft. Der Beginn des Prozesses gegen Louis Roulet war in einem Monat angesetzt. Je näher der Termin rückte, desto weniger Mandanten nahm ich an. Ich brauchte die Zeit, um mich vorzubereiten und Strategien zu entwerfen. Obwohl es noch Wochen bis zum Prozess waren, würde er wahrscheinlich mithilfe der Informationen gewonnen, die jetzt gesammelt wurden. Dafür musste ich mir meinen Terminkalender frei halten. Ich übernahm lediglich Fälle von Mandanten, die ich schon einmal vertreten hatte – und auch nur, wenn die Bezahlung stimmte und im Voraus erfolgte.

Ein Prozess ist wie ein Schuss mit einer Steinschleuder. Alles hängt von der Vorbereitung ab. Die Zeit vor dem Prozess ist die Phase, in der die Schleuder mit dem richtigen Stein geladen, das Gummiband zurückgezogen und bis an die Grenze seiner Belastbarkeit gespannt wird. Beim Prozess lässt man es dann los, und das Geschoss saust unbeirrbar auf das Ziel zu. Das Ziel ist ein Freispruch. Nicht schuldig. Man trifft dieses Ziel nur, wenn der Stein richtig ausgesucht, der Gummi vorsichtig zurückgezogen und dann so weit wie möglich gespannt wird.

Für das Spannen war hauptsächlich Levin zuständig. Er hatte umfangreiche Nachforschungen über die in die Fälle Roulet und Menendez verwickelten Personen angestellt. Wir hatten eine Strategie entwickelt, die wir »Doppel-Steinschleuder« nannten, weil sie zwei Ziele gleichzeitig anvisierte. Ich hatte nicht die geringsten Zweifel, dass wir zu Beginn des Prozesses im Mai bis zum Anschlag gespannt und bereit zum Loslassen wären.

Die Anklage tat das ihre, uns beim Laden der Schleuder zu helfen. In den Wochen nach der Anklageerhebung wurde die Beweisakte der Staatsanwaltschaft immer dicker, weil wissenschaftliche Befunde eingingen, weitere polizeiliche Ermittlungen durchgeführt wurden und es zu neuen Entwicklungen im Fall kam.

So gelang etwa die Identifizierung von Mr. X, dem Linkshänder, der am Abend des Überfalls mit Reggie Campo im Morgan’s gewesen war. Mithilfe der Videoaufnahme, die ich der Anklage hatte zukommen lassen, konnten ihn LAPD-Detectives ausfindig machen. Sie zeigten ein Standbild aus dem Video zahlreichen von der Sitte festgenommen Prostituierten und Callgirls, von denen einige Mr. X als Charles Talbot identifizierten. Er war Stammkunde bei vielen Damen des horizontalen Gewerbes.



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