Der Halbmarathon-Mann by Bläsing Rolf

Der Halbmarathon-Mann by Bläsing Rolf

Autor:Bläsing, Rolf
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Herausgeber: aufbau
veröffentlicht: 2014-10-17T00:00:00+00:00


Auf der Rückfahrt saß er ein wenig zusammengesunken neben Julia und versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Julia hatte ihn irgendwann geweckt und mit ein paar Tassen Kaffee wieder zurück ins Leben gebracht. Die anderen waren lange vor ihm aufgestanden, er hatte keinen von ihnen mehr gesehen, was er nicht allzu sehr bedauerte.

»Tut mir leid, dass du meinetwegen gestern nicht nach Hause gekommen bist«, sagte sie, »ich hab gar nicht gemerkt, wie schnell die Zeit vergangen ist, und dann wollte ich es auch nicht mehr riskieren, zu fahren.«

»Ist schon okay, ich hätte mich ja auch mal bemerkbar machen können, solange ich dazu noch in der Lage war …«

»Hoffentlich hast du dich nicht zu Tode gelangweilt. Warum bist du nicht mal zu uns rübergekommen ans Feuer?«

»Bin gut unterhalten worden auf der Terrasse. Und ich hatte auch ein bisschen das Gefühl, dass deine Brüder nicht unbedingt auf mich gewartet haben.«

»Das täuscht. Sie fallen halt nicht gleich jedem um den Hals, aber im Grunde sind sie ganz friedlich.«

Zu dir vielleicht, dachte Rimbach. Dann fiel ihm ein, was sie mal über Jago gesagt hatte, im Büro. »Was ist mit Jago? Hast du nicht mal gesagt, er braucht dich vielleicht noch oder so ähnlich?«

»Ich weiß nicht so genau, wie ich dir das erklären soll. Jago geht ein bisschen fahrlässig mit sich um.«

»Du meinst seinen Lebenswandel?«

»Ja, auch. Er steht nicht gerade mit der Flasche in der Hand auf, also er braucht das Zeug nicht, um in Schwung zu kommen. Aber er geht auch selten zu Bett, ohne vorher was zu trinken. Es stagniert, aber es gehört dazu. Im Moment scheint er es noch wegzustecken.«

»Und du fragst dich, ob er das lange aushält oder wo es enden wird?«

»Schon. Aber das interessiert ihn nicht. Es redet ihm auch keiner rein, du kennst ja unseren Kodex, und außerdem hat er sowieso noch nie auf jemanden gehört. Vielleicht ein, zwei Mal auf mich, aber sonst auf keinen. Und Reto, auf dessen Meinung er vielleicht etwas geben würde, liebt ihn. So wie er ist.«

»Kann ich fast verstehen«, sagte Rimbach. »Noch was. Was ganz anderes. Ich will nicht wieder von neulich anfangen, ich stell auch nur eine Frage und wechsle dann sofort das Thema, versprochen. Nur eine Frage: Hast du’s Tommsen eigentlich gesagt?«

»Was meinst du?« Sie wusste genau, was er meinte, er glaubte sogar ein feines Lächeln auf ihren Lippen zu erkennen. Sie quälte ihn.

»Du weißt schon. Unseren Ausrutscher. Das, was eigentlich nicht passiert ist. Oder nicht passieren durfte.«

»Ja. Hab ich«, sagte sie. »Ich hab mir überlegt, dass ich von ihm das Gleiche verlangen würde. Findest du das jetzt problematisch?«

»Nein«, sagte er. »Ich hab damit kein Problem, im Gegenteil: Man soll ja so was nicht unter den Teppich kehren.« Der war jetzt wirklich nicht schlecht. Noch besser war, dass sie beide drüber lachen konnten.

»Ich hab auch noch was«, sagte sie. »Ich hab Mike nicht gesagt, dass du mit in Alten-Bergen warst, er hätte das vielleicht falsch verstanden. Nur falls ihr euch mal zufällig trefft und Männergespräche führt.«

»War doch rein dienstlich. Also von mir erfährt er nichts«, sagte Rimbach.



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