Der Geschmack von Asche by Shore Marci

Der Geschmack von Asche by Shore Marci

Autor:Shore, Marci
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783406654565
Herausgeber: C.H.Beck
veröffentlicht: 2014-12-29T00:00:00+00:00


Möge Friede mit dir sein, mein Freund, vielleicht sehen wir uns doch einmal wieder! Der Traum meines Lebens ist wahr geworden. Die Selbstverteidigung im Ghetto wurde Realität. Jüdischer bewaffneter Widerstand und Rache sind Tatsachen! Ich war Zeuge dieses großartigen, heroischen Kampfes von jüdischen Männern in der Schlacht.

Adolf Berman übertrug den Brief ins Polnische.

Im September 1942 waren Adolf Berman und seine Frau Basia aus dem Ghetto in den «arischen» Teil der Stadt geflohen. Schon vom Ghetto aus hatte Adolf Kontakt mit den kommunistischen Partisanen. Nach seiner Flucht nahm er den Namen Adam Borowski an und gründete mit anderen eine Gruppe namens Żegota, den Rat für die Unterstützung der Juden. Es war eine kleine, konspirative Gruppe, die von der polnischen Exilregierung unterstützt wurde. Zu den anderen Gründern zählte auch der zwanzig Jahre alte Katholik Władysław Bartoszewski, der kurz zuvor aus der Internierungshaft in Auschwitz nach Warschau zurückgekehrt war. Adolf Berman kannte ihn unter dem Tarnnamen Ludwik, und die beiden Männer wurden Freunde. Mit Hilfe von Żagota überlebten Adolf und Basia Berman im Versteck.

Am 16. Mai 1943 erstattete Jürgen Stroop Bericht: «Es gibt keinen jüdischen Wohnbezirk in Warschau mehr!»

Nach dem Krieg war Jakub Berman, der Bruder des Zionisten Adolf Berman, als Mitglied des polnischen kommunistischen Politbüros zuständig für die Beaufsichtigung des Sicherheitsapparats. Es waren die Jahre eines drohenden Bürgerkriegs zwischen den Kommunisten und den ehemaligen Partisanen der Heimatarmee, die der Londoner Regierung gegenüber loyal waren. Der mit den Kommunisten sympathisierende Schriftsteller Jerzy Andrzejewski schrieb über jene Zeit seinen bedeutendsten Roman Asche und Diamant: Die Hauptfigur des Romans, ein junger, gutaussehender Soldat der Heimatarmee, hatte den Befehl erhalten, einen Kommunisten hinzurichten. 1958 verfilmte der Regisseur Andrzej Wajda den Roman unter dem gleichen Titel; es sollte einer seiner bedeutendsten Filme sein. Er spielte während der Zeit, als Tausende Angehörige der Heimatarmee inhaftiert waren. Unter denen, die während der Schreckensherrschaft von Jakub Berman im Gefängnis saßen, war auch Władysław Bartoszewski.

Kurz vor Jakub Bermans Tod fragte ihn ein Journalist der Solidarność, warum sein Bruder, der dank Władysław Bartoszewski den Krieg überlebt hatte, nicht interveniert habe, als sein Freund verhaftet worden sei. Zeit genug hätte er gehabt: Bartoszewski saß fast sieben Jahre ein.

Adolf habe erst Jahre später darüber mit ihm gesprochen, antwortete Jakub Berman.

In diesem Jahr, 1997, war Władysław Bartoszewski ins polnische Parlament gewählt worden.

Tamara war nach Jerusalem gegangen, weil sie nicht mehr anders sein wollte und weil man in Polen nicht mehr Jude sein konnte. In Jerusalem glaubte Tamara sich selbst gefunden zu haben. In Wirklichkeit aber hatte sie sich verloren, hatte sich in ihrer Dissertation verloren, in ihrem eigenen deterministischen Narrativ. Sie hasste ihren Großvater dafür, nicht über die Grenze in die Tschechoslowakei geflohen, nicht nach Palästina emigriert zu sein. Sie war geradezu besessen von diesem vermeintlich fatalen Fehler, als sie noch vor ihrer Geburt vom Zug der Geschichte geworfen wurde und sich im Exil verlor, eine Anomalie.

Jetzt wollte sie Polen unbedingt verlassen. Ihr Leben war ein szpagat. Ihre Freunde in Israel verstanden nicht, warum sie jedes Mal, wenn sie nach Jerusalem kam, einen Rückflug gebucht hatte.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.