Der Fromme Dieb by Ellis Peters
Autor:Ellis Peters [Peters, Ellis]
Die sprache: deu
Format: epub, mobi
ISBN: 9783453136502
Herausgeber: Heyne Verlag
veröffentlicht: 1998-08-31T22:00:00+00:00
8. Kapitel
Als die Entscheidung gefallen war – und zwar so, daß keine Hoffnung blieb, sie könnte rückgängig gemacht werden – , gab Daalny ihr hartnäckiges Flehen auf. Sie folgte ihnen bis an die Ecke des Schulzimmers, blieb dort stehen und sah schweigend zu, wie Tutilo aufsaß und der kleine Trupp zum Tor hinausritt, um den Weg an der Abteivorstadt entlang einzuschlagen. Der breitere Pfad vom Pferdemarkt aus war besser zum Reiten geeignet; und so brauchte Tutilo nicht noch einmal den schmalen Pfad zu nehmen, auf dem er über Aldhelms Leichnam gestolpert war.
Die Glocke hatte zur Komplet geläutet, als sie ihn zur Tür hinaus in eine Welt hatte jagen wollen, der er jetzt vielleicht schon nachtrauerte, die sich für einen davongelaufenen Benediktinernovizen am Ende aber wohl kaum als gastlich erwiesen hätte. Es wäre auf jeden Fall besser gewesen, zwanzig Meilen und eine Grenze zwischen sich und dem Galgen zu wissen, das wenigstens hatte Daalny geglaubt. Jetzt stand sie, den Klang der Glocke noch in den Ohren, sinnend da. Und als Cadfael gemächlichen Schrittes über den leeren Hof zurückkam, trat sie auf ihn zu, die Miene ernst, die Augen weit geöffnet, wie um in den geheimsten Winkel seines Geistes einzudringen.
»Ihr glaubt auch nicht, daß er es getan hat«, sagte sie bestimmt. »Ihr wißt, daß er diesen armen Schäferjungen nicht getötet hat. Hättet Ihr wirklich ruhig zugesehen und ihn freigelassen?«
»Wenn er es gewollt hätte«, sagte Cadfael, »dann ja. Aber ich wußte, daß er’s nicht wollte. Die Entscheidung lag bei ihm.
Er hat sie getroffen. Und jetzt gehe ich zur Komplet.«
»Ich warte in Eurer Werkstatt«, sagte Daalny. »Ich muß mit Euch reden. Jetzt, da ich sicher bin, will ich Euch alles sagen, was ich weiß. Auch wenn nichts davon irgend etwas beweist, entdeckt Ihr vielleicht etwas darin, was ich nicht gesehen habe.
Mein Verstand allein reicht nicht aus, und zwei, die Tutilo beistehen, sind besser als einer.«
»Ich beginne mich zu fragen«, sagte Cadfael langsam und musterte ihr schmales, entschlossenes Gesicht, »ob Ihr den jungen Mann für Euch selbst haben wollt, oder ob Ihr aus reiner und uneigennütziger Nächstenliebe handelt.« Sie blickte ihn an, und ein Lächeln huschte über ihre Lippen.
»Gut, ich komme«, sagte er. »Auch ich kann einen zweiten Verstand brauchen. Es ist kalt in der Werkstatt; entfacht das Feuer im Kohlenbecken nur wieder. Ich habe noch genügend Soden, um die Glut zu ersticken, wenn wir sie nicht mehr benötigen.«
Die Luft duftete würzig nach Holz, und die Kräuterbüschel an der Decke raschelten in der aufsteigenden Wärme. Daalny saß am Kohlenbecken über die Glut gebeugt, die ihre hohen Wangenknochen und die breite Stirn unter dem schwarzgelockten Haar in ein goldenes Licht tauchte.
»Jetzt wißt Ihr«, sagte sie, »daß er an jenem Abend nicht nach Longner gerufen wurde. Es war eine glaubwürdige Lüge, er suchte aber bloß einen Vorwand, um anderswo, keinesfalls aber hier zu sein, als der Schäfer erwartet wurde. Das wäre zwar noch keine Lösung gewesen, doch das Schlimmste hätte wenigstens aufgeschoben werden können, denn Tutilo blickt selten über den Tag hinaus. Wenn er die Begegnung mit
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