Der Fremde im Wald by Spencer Scott

Autor:Spencer, Scott [Spencer, Scott]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: btb
veröffentlicht: 2015-05-09T16:00:00+00:00

Kapitel 14

IN DER STILLE des Wagens hat er im Geist einen Brief oder eine Rede entworfen. Liebe Kate, meine Liebe zu dir ist so tief und so groß. Aber jetzt sieht er sie zu sich herüberschauen und sagt: »Es heißt doch, dass Mörder immer an den Tatort zurückkehren.« Und er rutscht tiefer in den Beifahrersitz, als Kate vom Taconic Parkway auf den Saw Mill River Parkway abbiegt.

»Niemand hier ist ein Mörder, also kannst du dir das sparen«, sagt Kate. Sie meint es nett, loyal und zuversichtlich, sieht dann aber Pauls unsicheren Gesichtsausdruck, langt hinüber, legt ihm die Hand aufs Knie und setzt hinzu: »Entschuldige.«

Er schaut sie verwundert an, als müsste eine Welt, in der Kate sich entschuldigt, irgendwie bizarr sein. Aber ich glaube nicht, dass ich dafür gemacht bin, mit einem anderen Menschen zusammenzuleben.

»Nächste Ausfahrt?«, fragt Kate.

Pauls Knie wippt nervös. Er sieht aus wie jemand, der im Verhörraum merkt, dass er nicht mehr lange durchhält. Wie jemand, der gleich zusammenbrechen wird. Während sie auf Tarrytown zufahren, überkommen ihn irrationale Ängste, Ängste, die in dem Moment eingesetzt haben, als er Kates Wunsch nachgab, den Ort zu sehen, wo er es getan hat, wo er den Totschlag begangen hat, und die immer stärker werden, je näher sie dem Martingham State Park kommen. Trotzdem bleibt er bei seinem Entschluss, es durchzuziehen. Kate arbeitet an ihrem Bild dessen, was an jenem Novembernachmittag passiert ist, was Paul widerfahren ist und was damit, der unerbittlichen Bande der Liebe wegen, auch ihr widerfahren ist, und Paul glaubt kein Recht zu haben, sich da einzumischen.

Bis heute hatte sie nie gefragt, in welchem Wald er denn angehalten hat, und von sich aus hat Paul es ihr nicht gesagt. Einmal, vielleicht an dem Abend, als er ihr die Sache gebeichtet hat, oder vielleicht auch am Tag danach, setzte er an, ihr ganz genau zu erzählen, wo er von der Straße abgebogen war, wo er den Pick-up geparkt hatte, aber irgendein Instinkt veranlasste sie, ihn zum Schweigen zu bringen. Kate, die sonst von so unersättlicher Neugier ist, wollte sich Pauls Tat nicht so genau vorstellen können. Sie hatte ja da schon den Weg eingeschlagen, ihn zu beschützen, diesen Mann, ihren Mann, der bis auf diese eine schreckliche Sache nie etwas anderes getan hatte, als das Leben aller Menschen um ihn herum besser zu machen. Die Details nicht zu kennen war zwar noch lange nicht die Gnade der Unwissenheit, aber immerhin ein dünnes Tuch über der Lampe des Wissens, das das Licht wärmer und weicher machte.

Andererseits war es seltsam, so wenig darüber zu wissen, was an jenem Novembernachmittag wirklich passiert war, und Kate begann sich zu fragen, wo die Schläge den Mann getroffen hatten, wie er umgefallen war, was zuerst passiert war, was dann und was darauf. Und wo überhaupt? Wie konnte es sein, dass Paul und dieser Mann so allein aufeinandergetroffen waren wie zwei einsame Flüchtlinge irgendwo in der Wildnis, und das mitten in Westchester County, das doch so nah an Manhattan lag und im Grunde nichts weiter war als der

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