Der Fremde by Albert Camus
Autor:Albert Camus [Camus, Albert]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Fiction
ISBN: 9783644026216
Google: TBaZAgAAQBAJ
Amazon: 3499332035
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2013-01-31T23:00:00+00:00
II
Es gibt Dinge, über die ich nie gern gesprochen habe. Als ich ins Gefängnis gekommen bin, ist mir nach ein paar Tagen klar geworden, dass ich über diesen Teil meines Lebens nicht gern sprechen würde.
Später habe ich diesen Widerwillen nicht mehr wichtig gefunden. Tatsächlich war ich in den ersten Tagen nicht wirklich im Gefängnis: Ich wartete unbestimmt auf irgendein neues Ereignis. Erst nach Maries erstem und einzigem Besuch hat alles angefangen. Von dem Tag an, an dem ich ihren Brief bekommen habe (sie schrieb, dass man ihr nicht mehr erlaubte zu kommen, weil sie nicht meine Frau wäre), von diesem Tag an habe ich gefühlt, dass ich in meiner Zelle zu Hause war und dass mein Leben hier aufhörte. Am Tag meiner Verhaftung hat man mich zuerst in einen Raum gesperrt, in dem schon mehrere Gefangene waren, gröÃtenteils Araber. Sie haben gelacht, als sie mich sahen. Dann haben sie mich gefragt, was ich getan hätte. Ich habe gesagt, ich hätte einen Araber getötet, und sie sind verstummt. Aber wenig später ist der Abend hereingebrochen. Sie haben mir erklärt, wie man die Matte zurechtlegen musste, auf der ich schlafen sollte. Indem man das eine Ende einrollte, konnte man ein Kopfpolster daraus machen. Die ganze Nacht sind Wanzen über mein Gesicht gekrochen. Einige Tage später hat man mich in einer Zelle abgesondert, wo ich auf einer Holzpritsche schlief. Ich hatte einen Toilettenkübel und eine Waschschüssel aus Blech. Das Gefängnis war ganz oben in der Stadt, und durch ein kleines Fenster konnte ich das Meer sehen. Eines Tages, als ich, die Gitterstäbe umklammernd, das Gesicht dem Licht entgegenstreckte, ist ein Wärter hereingekommen und hat mir gesagt, ich hätte Besuch. Ich habe gedacht, dass es Marie wäre. Sie war es auch.
Ich bin, um in das Sprechzimmer zu kommen, durch einen langen Flur, dann über eine Treppe und schlieÃlich durch noch einen Flur gegangen. Ich bin in einen sehr groÃen, durch ein breites Fenster erhellten Raum getreten. Der Raum wurde von zwei hohen Gittern, die ihn der Länge nach durchschnitten, in drei Teile geteilt. Zwischen den beiden Gittern war ein acht bis zehn Meter breiter Zwischenraum, der die Besucher von den Häftlingen trennte. Ich habe Marie mir gegenüber erblickt, mit ihrem gestreiften Kleid und ihrem gebräunten Gesicht. Auf meiner Seite waren etwa zehn Gefangene, gröÃtenteils Araber. Marie war von Maurinnen umgeben und stand zwischen zwei Besucherinnen: einer schwarzgekleideten kleinen Alten mit zusammengepressten Lippen und einer dicken Frau ohne Kopfbedeckung, die sehr laut mit vielen Handbewegungen sprach. Wegen des Abstands zwischen den Gittern mussten die Besucher und die Häftlinge sehr laut sprechen. Als ich eintrat, riefen der Stimmenlärm, der von den hohen kahlen Wänden des Raums zurückprallte, und das grelle Licht, das vom Himmel über die Scheiben strömte und in den Raum zurückstrahlte, eine Art Betäubung in mir hervor. Meine Zelle war stiller und dunkler. Ich brauchte ein paar Sekunden, um mich umzustellen. Doch ich habe schlieÃlich jedes Gesicht deutlich, im hellen Licht hervorgehoben gesehen. Ich habe festgestellt, dass ein Wärter am Ende des Ganges zwischen den Gittern saÃ.
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