Der Fluch der Hebamme by Sabine Ebert

Der Fluch der Hebamme by Sabine Ebert

Autor:Sabine Ebert [Ebert, Sabine]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426405321
Herausgeber: Knaur e-books
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00


Albrecht gehörte zu den Letzten, die die Tafel des Königs verließen. Erst nachdem Heinrich gegangen war, ließ er sich von einem Diener zu seiner Gästekammer führen. Er war nicht mehr sicher, ob er nach so viel Wein noch das richtige Quartier finden würde.

Sophia schlief schon, als er kam, oder sie tat so.

»Sieg!«, rief er so laut, dass sie erschrocken hochfuhr. »Der alte Mann hat klein beigegeben. Und beim Krieg gegen den Löwen werde ich mich dem König unentbehrlich machen.«

»Ihr wollt allen Ernstes um diese Jahreszeit in den Krieg ziehen, im Oktober?«, fragte sie, immer noch halb benommen.

»Noch diesen Monat werden wir Braunschweig belagern, meine Teure! Ihr könnt es wohl kaum erwarten, mich loszuwerden, vermute ich.«

Albrecht befahl einer der ebenfalls aus dem Schlaf geschreckten Kammerfrauen, ihm die Stiefel auszuziehen, dann jagte er sie alle hinaus und ließ sich auf das Bett fallen. Er roch nach Wein und Schweiß, und seine Hände, mit denen er im Dunkeln nach ihrem Gesicht tastete, fühlten sich klebrig an. Sophia hatte Mühe, nicht zurückzuzucken. Dabei wurde ihr übel vor Widerwillen.

»Los, hilf mir«, lallte er, packte ihre Hand am Gelenk und schob sie unter den Bliaut auf seine Bruche.

Sophia wusste nicht, ob sie erleichtert oder besorgt darüber sein sollte, dass sich dort nichts regte, denn sicher würde er ihr die Schuld daran geben.

Sie hatte den Gedanken kaum zu Ende gebracht, als er es auch schon aussprach: »Vertrocknete alte Betschwester! Ich sollte dich wegen Unfruchtbarkeit verstoßen …«

Augenblicke später schnarchte er laut und röchelnd.

Verstoßen darf er mich nicht!, dachte Sophia verzweifelt. Schließlich habe ich ihm schon eine Tochter geboren …

Sie hatte wirklich getan, was sie konnte, um einen Sohn zu empfangen: gebetet, gefastet, der Jungfrau Maria viele Kerzen gestiftet und endlich auch die Ratschläge von Reinhards Frau befolgt. Sie hatte sich sogar bemüht, ihrem Gemahl gegenüber so etwas wie Gefallen an seinen ehelichen Gunstbezeugungen zu heucheln.

Vielleicht lag es ja an ihm? Vielleicht konnte er keine Söhne zeugen? Aber das würde niemand laut aussprechen.

So schrecklich die Ehe mit Albrecht auch war – was ihr drohte, wenn er sie fortjagte, war noch schlimmer. Und sie gab sich keinen Hoffnungen darüber hin, dass er eine Ehescheidung nicht ohne weiteres durchsetzen konnte. Zwar hatte sie ihre Fruchtbarkeit bereits unter Beweis gestellt, auch wenn Albrecht die kleine Christina keines Blickes würdigte und Sophia froh war, wenn der lebende Beweis ihres Versagens fern von ihr in Obhut der Amme blieb. Aber ein einflussreicher und skrupelloser Mann wie Albrecht würde schon Wege finden, damit er sich eine neue Frau nehmen konnte, die ihm einen Erben gebar. Das war alles nur eine Frage des Geldes.

Die Schande, verstoßen zu werden, wäre so groß, dass auch ihr Vater sie nicht mehr aufnehmen würde.

Bliebe nur das Kloster – doch sie wollte dieses eintönige Leben nicht, ohne schöne Kleider, edle Pferde, Festmahle und Spielleute, ohne funkelndes Geschmeide und lange Reisen, auf denen sie wie eine Königin behandelt wurde. Endlose Gebete, gefangen zu sein hinter dicken Mauern, die nichts von der aufregenden Welt da draußen durchdringen ließen, dünne Kleider aus rauhem Stoff und karges Essen – schon der Gedanke daran ließ sie frösteln.



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