Der Fall des Dichters - Kriminalroman by Gmeiner-Verlag

Der Fall des Dichters - Kriminalroman by Gmeiner-Verlag

Autor:Gmeiner-Verlag
Die sprache: deu
Format: epub, azw3, mobi
Herausgeber: Gmeiner-Verlag
veröffentlicht: 2011-12-21T16:00:00+00:00


»Vater im Himmel, da hat es ein Mensch nicht mehr ausgehalten; er sah keinen anderen Ausweg mehr als den, der ihn abschnitt von allen Wegen des Lebens. Das Dunkel, in das er starrte, gewann solche Macht, wurde so mächtig in ihm, dass er sich schließlich selbst in dieses Dunkel stürzte. – Herr, unser Vater, du weißt es: Wir quälen uns mit Vorwürfen, mit Fragen, ob und wie wir diesen Tod hätten verhindern können. Wir fühlen uns schuldig, weil wir meinen, wir seien Lucie von Wußwergk so viel schuldig geblieben. Und sicher ist es so, dass wir mehr hätten tun können, mehr hätten tun sollen. – Herr, unser Vater, lass du uns nicht bei diesen Selbstvorwürfen, bei diesen Selbstanklagen stehenbleiben. Gib du, Herr, dass uns dieser Tod vor allem auch hellsichtiger macht für die Not der Menschen um uns. – Herr, vergib du uns, den Lebenden, und vergib du auch der, die wir deiner Gnade anempfehlen.«

Wilhelm Blümel saß in der Kapelle des Südwestfriedhofs Stahnsdorf und bedauerte, die Trauerrede nicht selber zu halten. Er hätte es um vieles besser gemacht als der Pfarrer, den irgendein entfernter Verwandter Lucies ausgesucht hatte. Das mit dem Dunkel, in das sie sich selber gestürzt hatte, war allerdings, fand er, kein schlechtes Bild. Lucie von Wußwergk war kurz vor Mitternacht auf den Dachboden des Mietshauses am Viktoria-Luise-Platz gestiegen, hatte sich durch die Luke gezwängt und in die Tiefe gestürzt.

Warum? Er wusste es nicht und konnte nur murmeln, was bei Jeremia geschrieben stand: »Es ist das Herz ein trotzig und verzagt Ding; wer kann es ergründen?« Zu vermuten war, dass sie mit dem ermordeten Perwenitz krumme Geschäfte gemacht hatte und fürchtete, verhaftet zu werden. Die Ermittlungen liefen noch. Bei Perwenitz wie bei ihr hatten sie die Wohnung auf den Kopf gestellt und in großen Pappkartons alles abtransportiert, was es an schriftlichen Aufzeichnungen gab, um es in Ruhe durchzusehen. Hat sie mein Geständnis, dass ich den Geldbriefträger und die Wasserfuhr erschossen habe, irgendwo aufgeschrieben oder hat sie nicht? Das war die Frage, die Blümel nicht mehr aus dem Kopf ging. Hatte sie es getan, kam er unter die Guillotine. Zumindest die nächsten beiden Wochen hatte er zu zittern. Aber nicht nur deswegen schlief er denkbar schlecht, auch den Mann, der Perwenitz ermordet hatte, musste er fürchten, denn nur er hatte ihm voll ins Gesicht gesehen und konnte ihn mit Sicherheit identifizieren.

»Einerseits suhle ich mich in meinem Selbstmitleid«, schrieb er in sein Tagebuch, »denn gleich zwei Damoklesschwerter hängen ja über meinem Kopf, andererseits bin ich begeistert über das Stück Das Leben des Wilhelm Blümel. Es ist aufregend, es ist einzigartig, alle Welt wird mich dermaleinst darum beneiden. Und auch als Schauspieler bin ich in der Rolle des Wilhelm Blümel allererste Klasse.«



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.