Der Fall Jane Eyre by Jasper Fforde

Der Fall Jane Eyre by Jasper Fforde

Autor:Jasper Fforde
Die sprache: de
Format: mobi, epub
Tags: Belletristik/Fantastische Literatur
Herausgeber: DTV Deutscher Taschenbuch
veröffentlicht: 2011-09-10T07:27:04+00:00


Gegen ein Uhr morgens war ich wieder im Finis. Das John-Milton-Wochenende klang mit einer Disco aus. Als ich in den Fahrstuhl stieg und auf mein Zimmer fuhr, verwandelte sich der Beat in ein angenehm dumpfes Wummern. Ich lehnte mich gegen den Spiegel in der Kabine; das kühle Glas war eine Wohltat. Ich hätte niemals nach Swindon zurückkommen dürfen, soviel stand fest. Ich würde gleich morgen früh mit Victor sprechen und mich dann möglichst rasch versetzen lassen.

Ich schloß die Zimmertür auf, zog die Schuhe aus und legte mich aufs Bett. Ich starrte an die styroporgeflieste Decke und versuchte, mich damit abzufinden, was ich zwar immer schon vermutet hatte, aber nie hatte wahrhaben wollen: Mein Bruder hatte Scheiße gebaut. So einfach war das, auch wenn im Abschlußbericht des Tribunals von »taktischen Fehlern im Eifer des Gefechts« und »menschlichem Versagen« die Rede war. »Scheiße gebaut« klang plausibler; wir alle machen ab und zu Fehler, der eine mehr, der andere weniger. Doch nur wenn so ein Fehler Menschenleben kostet, wird er auch bemerkt. Wäre Anton Bäcker gewesen und hätte die Hefe vergessen, wäre das kaum der Rede wert gewesen. Mist gebaut hätte er trotzdem.

Während ich so dalag und vor mich hin grübelte, übermannte mich der Schlaf, und mit dem Schlaf kamen die bösen Träume. Ich war wieder in Styx’ Haus, nur stand ich diesmal am Hintereingang, neben mir der umgestürzte Wagen, Commander Flanker und der Rest der Untersuchungskommission. Auch Snood war da. Er hatte ein häßliches Loch in der Stirn und sah mich an, als warte er darauf, daß Flanker ihm sein Recht verschaffte.

»Sind Sie sicher, daß Sie Snood nicht angewiesen hatten, den Hintereingang zu bewachen?« wollte Flanker wissen.

»Hundertprozentig«, sagte ich und blickte von einem zum anderen.

»Gar nicht wahr«, sagte Acheron im Vorbeigehen. »Ich hab’s gehört.«

Flanker hielt ihn an. »Wirklich? Und was genau hat sie gesagt?«

Acheron bedachte mich mit einem Lächeln und nickte Snood freundlich zu.

»Halt!« fuhr ich dazwischen. »Wie können Sie ihm auch nur ein Wort glauben? Der Mann ist ein Lügner!«

Acheron schaute beleidigt drein, und Flanker drehte sich um und musterte mich mit stählernem Blick.

»Mit dieser Meinung stehen Sie ziemlich allein, Agent Next.«

Ich kochte innerlich vor Wut über diese schreiende Ungerechtigkeit. Ich wollte eben losheulen und aufwachen, als mir jemand auf den Arm tippte. Es war ein Mann im schwarzen Gehrock. Er hatte dichtes schwarzes Haar, das ihm in dicken Strähnen in sein scharfgeschnittenes, strenges Gesicht fiel. Ich wußte sofort, wen ich vor mir hatte.

»Mr. Rochester?«

Er nickte. Doch nun standen wir nicht mehr vor den alten Lagerhäusern im East End; wir befanden uns in einem großen, geschmackvoll möblierten Zimmer, das von trübschimmernden Öllampen und dem Flackerschein eines prasselnden Kaminfeuers erhellt wurde.

»Wie geht es Ihrem Arm, Miss Next?«

»Danke, sehr gut«, sagte ich und wackelte wie zum Beweis mit den Fingern.

»Ich an Ihrer Stelle würde mir wegen dieser Herren keine Sorgen machen«, sagte er und deutete auf Flanker, Acheron und Snood, die in der Ecke neben dem Bücherregal standen und debattierten. »Sie existieren lediglich als Trugbilder in Ihrem Traum und spielen daher keine Rolle.«

»Und Sie?«

Rochester lächelte, ein schroffes, gezwungenes Lächeln.



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