Der Eiskrem Krieg by Boyd William

Der Eiskrem Krieg by Boyd William

Autor:Boyd, William
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Berlin Verlag
veröffentlicht: 2012-09-19T16:00:00+00:00


9

18. März 1915

Stackpole Manor, Kent

Felix nahm seine Augenklappe ab und stieg aus. Ashurst. Er blinzelte heftig in die schwach strahlende Frühnachmittagssonne. In seinem Abteil hatten schon seit Charing Cross zwei Lieutenants und ein Major gesessen, und er hatte keine Gelegenheit gehabt, sich seiner Verkleidung zu entledigen. Er hatte sich auch hinter einem Buch versteckt, um allen peinlichen Fragen zu entgehen (wo und wie er wohl zu seiner Verletzung gekommen sei?), und das Lesen mit nur einem Auge und ohne Brille hatte ihm Kopfschmerzen eingetragen. Dennoch hatte er viel von einem Sieg bei Neuve Chapelle reden hören und dabei gleich wieder Schuldgefühle verspürt, die er schließlich mit einigen Argumenten unter Kontrolle bringen konnte, die Holland gegenüber Cave-Bruce-Cave vorgebracht hatte.

»Aber wir kämpfen doch wohl für die Freiheit«, hatte Cave einmal gesagt.

»Irrtum, mein lieber Cave«, hatte Holland erwidert. Wir kämpfen für unser Golfspiel und unsere Wochenenden. Wir sind in den Krieg eingetreten, um eine österreichische und deutsche Friedensregelung in Serbien zu verhindern. Die Franzosen haben sich mit den Russen verbündet, weil sie Angst hatten, es könnte eine Revolution geben und Rußland wäre vielleicht nicht mehr in der Lage, das ganze Geld zurückzuzahlen, das es Frankreich schuldet. Jetzt kämpfen wir also dafür, daß ein tyrannischer Zar auf dem Thron bleibt. Und jetzt sagen Sie mir: sind das Gründe, für die es sich zu sterben lohnt?«

Hollands Standpunkt schien von unwiderlegbarer Logik zu sein. Selbst Cave hatte nichts mehr dagegen sagen können. Felix ging alle Argumente noch einmal durch, während er darauf wartete, daß sich sein rechtes Auge an die ungewohnte Helligkeit gewöhnte. Er rief einen Träger herbei.

»Ich habe da einen Kleiderkoffer im Gepäckwagen, würden Sie mir den bitte herausholen?«

»Tut mir leid, Sir. Ich bin nur Päckchenträger. Schweres Gepäck kann ich nicht holen.«

Felix lud seinen Koffer selbst aus und machte sich dann auf die Suche nach einem anderen Träger, der, als er ihn endlich fand, sein Gepäck auf den Bahnhofsplatz rollte. Felix hatte seiner Mutter die Zeit seiner Ankunft mitgeteilt, aber wie üblich war wieder niemand da, um ihn abzuholen.

Er hatte schon drei Zigaretten geraucht, als er die Humberette erkannte, die da vorfuhr. Er war sehr überrascht, Charis am Steuer zu sehen. Sie hielt den Wagen an und stieg aus.

»Hallo, Felix«, sagte sie fröhlich. »Ich hatte in Seven Oaks zu tun, und da hat deine Mutter mich gebeten, dich abzuholen. Du hast hoffentlich nicht allzu lange warten müssen. Oh!« – sie deutete auf die Zigarettenstummel. »Hast du doch. Tut mir leid. Trotzdem – willkommen zu Hause.«

Sie streckte die Hand aus und beugte sich automatisch vor wie zu einem Kuß. Felix ergriff ihre Hand, hatte aber wegen seiner Lippenentzündung nicht die Absicht gehabt, sie – oder irgendwen – zu küssen, und so zögerte er einen Moment lang. Als er dann merkte, daß ein Kuß von ihm erwartet wurde, weil sie ja zur Familie gehörte, und sich vorbeugte, hatte sie ihren Kopf schon wieder zurückgezogen. So bewegten sich ihre Gesichter eine kurze Weile hin und her, bis sich endlich ihre Wangen berührten. Felix küßte nur Luft und spürte ihre Lippen flüchtig an seinem Ohr.



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