Der Ehrengast by Nadine Gordimer

Der Ehrengast by Nadine Gordimer

Autor:Nadine Gordimer [Gordimer, Nadine]
Die sprache: deu
Format: mobi
ISBN: 9783833306433
Herausgeber: Berliner Taschenbuch Verl
veröffentlicht: 2010-02-02T00:00:00+00:00


ER SCHRIEB GERADE einen Brief an Mweta und blickte in dem Augenblick auf, als das gelbe Kleid, das er so gut kannte, durch das Buschwerk sichtbar wurde und näher kam. Sie verschwand wieder und tauchte, noch ein Stück näher, auf; er erhob sich und wartete. Genauso hielt er manchmal in den frühen Morgen- oder Abendstunden wie erstarrt inne, wenn sich ein Reh, das während der Nacht wahrscheinlich auf dem Golfkurs geäst hatte, leise ganz in der Nähe bewegte. Aber sein Körper hatte seine eigenen Assoziationen bezüglich des gelben Kleides, stürmische, aber nichtsdestoweniger zärtliche Freude darüber, daß er sie in einem Augenblick, wenn sie beisammen wären, an sich drücken würde, stieg in ihm auf. Und dann trat sie eilig heraus, auf das Gras im Garten, und da gab es etwas, das sie hemmte – irgendwie war sie anders –, so als hätte sie jemand anderen geschickt, der an ihrer Stelle lächelte. Als sie bei ihm war, bemerkte er natürlich, daß sie ihr Haar hochfrisiert und hinten festgesteckt hatte. Er sagte: »Schätzchen, ich hoffte, du würdest gleich nach dem Aufstehen bemerken, daß der Wagen wieder da ist …«, und als er seine Hand auf ihren Hinterkopf legen wollte, fühlte er wieder diesen Widerstand, und diesmal war es von ihr ganz bewußt so gewollt, weil sie einen Viertelmeter vor ihm stehenblieb, die Handflächen nach oben, um ihn zum Schweigen zu gemahnen oder in Distanz zu halten, das Gesicht glänzend, konspirativ, schmerzerfüllt und doch halb mit einem Kichern. »Sie sind direkt hinter mir – die Kinder, Gordon. Wir kommen, um dich für heute abend auf ein paar Drinks mit ihm einzuladen. Ich hab ihm erzählt, daß ich an den Abenden für dich getippt habe. Es ist alles in Ordnung.«

Noch bevor es seinen Kopf erreicht hatte, hatte es seinen Körper erreicht, der sofort erschlaffte. Er sagte: »Warum bringst du ihn her, Rebecca?«

Sie blickte ihn an, leidenschaftlich, kokett, kichernd, erregt. Er hatte sie noch nie so erlebt. »Die Kinder, du Esel. Sie reden in einem fort von dir. Es ist ganz offensichtlich, daß wir die ganze Zeit bei dir ein und aus rennen. Es würde sonderbar aussehen, wenn wir jetzt nicht kämen.«

»Mein Gott, warum hast du denn nicht gesagt, wann er kommt. Ich hätte ein paar Tage lang wegbleiben können.« Er zog sich hinter seine »Altherren«-Stimme zurück, wie sie es genannt hatte, und wie er wußte, hatte sie damit in ihrer großzügigen und vorurteilslosen Art gemeint, er stelle zwischen ihnen damit eher die Distanz ihrer unterschiedlichen sozialen Herkunft, Erziehung und Selbstsicherheit als die des Altersunterschieds her.

»Ach, sei doch kein Idiot.« Sie flehte ihn an, in ihren Augen heiße Tränen wie Tränen des Lachens. »Es ist alles in bester Ordnung. Du kennst ihn nicht. Niemals würde er sich dabei was denken. Der Typ ist er einfach nicht. Frauen finden ihn äußerst attraktiv. Er würde nie auf die Idee kommen, ich hätte noch für jemand anderen Augen. Ich hab’s dir gesagt. Er fährt bald wieder ab. Es ist ganz in Ordnung.«

Sie stand da, ein Schulmädchen, das sich gerade



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