Der Duft von Bergamotte by Florentine Roth

Der Duft von Bergamotte by Florentine Roth

Autor:Florentine Roth [Roth, Florentine]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-10-17T16:00:00+00:00


Donnerstag

Gähnend schlich ich zum Frühstückstisch. Der gestrige Abend steckte mir noch in den Knochen. Auch Kristina und Lukas hingen ziemlich verschlafen in ihren Stühlen und nickten mir zu, als ich hereinkam.

Tante Helen, die in ihrer cremefarbenen Schluppenbluse so elegant wie immer aussah, schaute mich erfreut an, als ich mich dazu setzte. »Guten Morgen, Elisa.«

»Guten Morgen, Tante Helen.«

»Ich hole gleich Matthias aus dem Krankenhaus ab.«

»Wirklich?«

»Ja, er wird zwar noch einige Termine beim Kardiologen haben, aber er kann wenigstens nach Hause.«

Erleichtert strahlte ich meine Tante an. Jetzt würde alles gut werden.

Lukas angelte sich ein Brötchen aus dem Korb und schnitt es dermaßen rabiat auf, dass die Krümel nur so flogen. »Mutter, langsam mache ich mir wirklich Sorgen um Onkel Justus.«

»Ach, wieso das denn?«, fragte Tante Helen und sah ihren Sohn irritiert an.

Wir erzählten von unserer nächtlichen Begegnung und brachen dabei immer wieder in ausgelassenes Kichern aus. Sogar Tante Helen konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen, was mich wirklich erstaunte, da sie sonst immer Partei für ihren skurrilen Bruder ergriff.

»Jetzt weiß ich auch, warum die Hunde vorhin so aufgeregt schnüffelnd durch den Garten gerannt sind. Sie haben die Katze gerochen«, stellte Tante Helen fest. »Sie ist aber keine stinknormale Hauskatze, sie ist eine Russisch Blau!« Lukas schüttelte den Kopf. »Hätte es nicht auch eine arme Katze aus dem Tierheim getan?«

Seine Mutter seufzte resigniert. »Du kennst doch Onkel Justus, für ihn muss es immer etwas Besonderes sein.«

Rasche Schritte, die immer näher kamen, ließen uns das Gespräch unterbrechen.

Und als hätte er nur auf sein Stichwort gewartet, stolzierte Onkel Justus durch die Flügeltüren. »Guten Morgen, allerseits.«

Wir murmelten einen verhaltenen Gruß und beobachteten verstohlen, wie er umständlich seinen Stuhl zurechtrückte und sich Kaffee einschenkte.

»Wie ich von den Kindern erfahren musste, hast du dir ein neues Haustier zugelegt. Wann hättest du es mir denn mal vorgestellt?«, fragte Tante Helen und sah ihren Bruder herausfordernd an.

Onkel Justus ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und fügte seinem Kaffee einige Tropfen Sahne hinzu. »Wenn ich dich daran erinnern darf, liebste Schwester, hast du schon einige meiner Haustiere auf dem Gewissen. Du kannst es mir also nicht verübeln, wenn ich Anastasija vorerst von dir fernhalte.«

Entsetzt sah ich zu Lukas und Kristina. Ich kannte Tante Helen als äußert tierliebe Frau. Manchmal hatte ich sogar den Eindruck, dass ihre Tiere ihr mehr am Herzen lagen als Menschen. Aber auch Lukas und seiner Schwester schienen die Anschuldigungen ihres Onkels neu zu sein.

»Ihr müsst wissen, dass euer Onkel schon immer eine Vorliebe für exotische Haustiere hatte«, erklärte Tante Helen uns. »Als er einmal entfernte Verwandte in Irland besuchen wollte, bat er mich, seine Goldfische zu füttern.«

»Es waren aber keine gewöhnlichen Goldfische, sondern rote Buntbärsche aus dem Senegal, Hemichromis Letourneuxi«, warf Onkel Justus ein. Die genaue Bezeichnung konnte er sich natürlich nicht verkneifen, obwohl keiner von uns etwas damit anfangen konnte.

Tante Helen ließ die Korrektur kommentarlos über sich ergehen und fuhr fort: »Leider habe ich eines Tages nach dem Füttern vergessen, die Abdeckung wieder auf dem Aquarium zu befestigen. Mein damaliger Hund, ein etwas zu dicker Beagle …«

»Ein selten hässliches Vieh«, unterbrach ihr Bruder sie abfällig.



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