Der Brigant by Wallace Edgar

Der Brigant by Wallace Edgar

Autor:Wallace, Edgar [Wallace, Edgar]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2012-03-05T09:31:09+00:00


7. KAPITEL

Miss Plumpudding

»Noch niemand ist dadurch ruiniert worden, daß er sich mit kleinen Profiten begnügte«, orakelte Anthony Newton.

»Der Ausspruch kommt mir so bekannt vor - ich muß ihn in einem Buch gelesen haben«, sagte Pinkey.

Sie speisten miteinander in einem vornehmen Lokal zu Abend.

»Es ist doch merkwürdig, daß ich noch niemals hereingelegt worden bin. Ich habe aus den schärfsten und schlimmsten Geschäftsleuten der Stadt Geld herausgeholt, ich habe selbst Kautionsschwindler übers Ohr gehauen, ich habe Geld von einem Wucherer der schlimmsten Sorte genommen und es nicht zurückgezahlt. Ich habe mich mit Tod und Teufel herumgeschlagen und dem Schicksal meinen Lebensunterhalt abgetrotzt.«

»Das Merkwürdigste an Ihnen ist Ihre schamlose Bescheidenheit«, meinte Pinkey.

Pinkey Stephens war ein Rechtsanwalt, der zwar ein Büro unterhielt, aber außerdem als Autor von Liebesgeschichten viel Geld verdiente. Seine Romane erschienen meistens in der Jungmädchenzeitschrift »Jedes Mädchenherz schlägt höher«. Seine Praxis als Jurist brachte ihm nur so viel ein, daß er seine Zigaretten und seine Fahrten in das Büro davon hätte bezahlen können. Trotz seiner Jugend besaß Pinkey schon einen kahlen Kopf; eine einzige, glänzende, glatte Fläche zog sich von der Stirn bis zum Genick. Außerdem hatte er die Angewohnheit, eine lange Pfeife zu rauchen und nie mit Autobussen zu fahren.

»Es tut mir leid, daß Sie mir das sagen«, erwiderte Anthony nachdenklich. »Ich dachte immer, daß Schüchternheit meine Schwäche sei. Möglicherweise irre ich mich darin. Aber sehen Sie, ich brachte mein kleines Vermögen dadurch zusammen, daß ich gemeinen Menschen Geld abnahm, das sie auf unehrliche Weise erworben hatten. Ein Erfolg zieht den anderen nach sich. Der Name eines erfolgreichen Mannes geht von Mund zu Mund. Ich darf wohl sagen, daß ich einigermaßen stolz sein kann, daß mir jetzt eine hervorragende Firma in der City eine schwierige Aufgabe anvertrauen will, bei deren Lösung andere, ich will gerade nicht sagen bessere Leute, versagt haben.«

»Wer will denn Ihre Hilfe haben - etwa die Rothschilds?«

Aber Anthony schüttelte den Kopf.

»Darüber muß ich natürlich Stillschweigen bewahren«, sagte er ernst, als er sich erhob und es Pinkey überließ, das Essen zu zahlen. »Entschuldigen Sie mich, wenn ich jetzt schon aufbreche, aber ich muß noch einige Zeitungen durchsehen.«

»Ich habe den ›Star‹ auch noch nicht gelesen - wer hat eigentlich das Lehrlingsrennen gewonnen?«

Anthony Newton hatte seine Schwächen. Er gab sie zwar zu, aber doch in einer solchen Weise, daß man sie in Wirklichkeit für Tugenden und Charakterstärke halten mußte. So besaß er auch eine ausgeprägte Vorliebe für schöne Frauen, die sich jedoch - nach seiner Behauptung - nur in scheuer Bewunderung äußerte.

Als er am nächsten Morgen die Treppe von seiner kostspieligen Wohnung am Russel Square hinunterstieg, sah er Miss Plumpudding. Und er wunderte sich, daß die Natur, wenn sie schon so etwas Hilfloses wie ein Mädchen hervorbrachte, ihm nicht wenigstens die Schönheit mit in die Wiege legte, um etwas zu schaffen, das gut anzusehen sei. Aber Miss Plumpudding war keine Augenweide. Sie war plump und dick, ihre Haare sahen aus, als wären sie mit einem Staubsauger frisiert worden, und ihr Teint erweckte den Eindruck, als sei er durch ein Sieb von der Sonne bestrahlt worden.



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