Der Besuch by Justin Lehmann-Koch

Der Besuch by Justin Lehmann-Koch

Autor:Justin Lehmann-Koch
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: BoD E-Short


Frauenabend

„Viel Spaß, Schatz“, verabschiedete Michael seine Frau.

„Danke, werde ich wohl haben. Weißt ja, dass die Weiber immer verrückt sind.“ Linda versuchte, so normal und beiläufig wie immer zu klingen. Mechanisch kramte sie die Einlage für ihre kleine Handtasche zusammen.

„Willst du nicht lieber doch die Größere ...“

„Ach, halt den Mund, was verstehen Männer schon von den Handtaschen einer Frau?“ Es hatte sich aggressiver angehört, als sie es beabsichtigt hatte. Und das Schlimme war, Michael hatte sogar recht. Der ganze Kram passte kaum in das kleine Lederding hinein. Ihr Mann sah sie überrascht an. Linda glaubte, auch eine Spur Argwohn in seinem Ausdruck aufleuchten zu sehen. Männer waren bei Gott nicht die feinfühligsten Geschöpfe, das war mal klar. Aber sie waren auch nicht dumm.

„Ach, du hast ja recht. Ich frage mich, weshalb ich überhaupt immer so ein Theater mache.“ Linda glaubte sehen zu können, dass sich ihr Mann entspannte. Ja, er zwang sich sogar ein scheues Lächeln über die Lippen. „Oder was meinst du?“

Michael zuckte vorsichtig mit den Schultern. „Ich finde Du siehst großartig aus, Schatz.“

„Ja.“ Sie lachte. „Das stimmt schon. Aber lohnt sich das alles? Ich meine, ich gehe mit ein paar Freundinnen aus und sie tratschen mich voll und ich trinke einen Wein und am Ende komme ich zurück und du schläfst.“ Sie zögerte kurz. „Meinst du, ich sollte meinen Donnerstag aufgeben und mit dir verbringen?“ Für ihr Vorhaben war diese Frage absolut tödlich. Sie wollte nicht, dass Michael unsicher würde. Aber es war ein kleiner Funken Hoffnung, der sie antrieb. Sie wollte das hören, was Michael wohl früher gesagt hätte, bevor sie sich Unterhaltung in Form von Frauenabenden hatte suchen müssen.

„Ich weiß nicht. Möchtest du lieber was mit mir machen?“ Er sah unsicher aus. Natürlich hatte er nicht mit einem solchen Angriff gerechnet.

„Es ist nur ein Vorschlag, keine angst“, reagierte sie fast spöttisch. „Ist nun mal so, dass wir verheiratet sind, und da sollte man meinen, dass man auch mal zusammen ausgeht.“

„Du hast recht“, versuchte Michael noch mal zu retten. „Wie wäre es, wenn wir nächste Woche essen gehen ... und danach ... vielleicht Kino?“

„Hört sich gut an“, flüsterte sie. Linda hatte Mühe, ihre Tränen zurückzuhalten. Vielleicht hätte sie schon viel früher auf diese Weise drängen sollen. Vielleicht wäre dann alles erst gar nicht so weit gekommen. Vielleicht lag sie aber auch gänzlich falsch.

Michael schien unschlüssig zu sein. „Oder wir gehen noch diese Woche aus. Samstag! Da habe ich zufällig einen freien Tag ... also, ich könnte ihn freimachen, meine ich.“

„Warum denn nicht Donnerstag?“, fragte sie nun listig. Michaels verhalten hatten ihre nicht geweinten Tränen verdampfen lassen. „Du weißt, dass mir der Frauenabend nicht so wichtig ist. Und es scheint in letzter Zeit so, als hättest du donnerstags auch nichts zu tun.“

„Ich will dich nicht von deinen Freundinnen fernhalten, Schatz.“ Es klang wie eine Ausrede.

„Aber du musst zugeben, dass es völlig dämlich ist, wenn wir diesen freien Tag getrennt verbringen, wo du doch an allen anderen Tagen arbeitest.“

„Ja, du hast recht. Aber ...“ Er sah geradezu hilflos aus. „Okay, Donnerstag.



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