Der Bauernkrieger by Jeremiah Pearson

Der Bauernkrieger by Jeremiah Pearson

Autor:Jeremiah Pearson [Jeremiah Pearson]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bastei Entertainment
veröffentlicht: 2017-04-26T12:00:16+00:00


28.

Konrad

Das Unwetter hatte sich gelegt, und im Sonnenschein waren die Tage beinahe erträglich gewesen. Langsam, aber stetig hatten sie sich von dem Kampfgeschehen entfernt, hatten Franken hinter sich gelassen, teils auf Straßen, teils auf Flüssen.

Die Leibwachen waren erschöpft, aber Balthus trieb die Männer an, und als sie schließlich die Donau erreichten, beschlagnahmte er drei Barkassen, auf denen sie in Richtung Passau fuhren – in jene Stadt, bei der drei Flüsse zusammenflossen.

Der Anblick Passaus ließ Konrads Herz höher schlagen. Er spürte, wie seine Lebensgeister erwachten und sich seine Stimmung aufhellte.

Die Veste Oberhaus, die alte Festung auf der linken Seite der Donau, thronte über dem Zusammenfluss der drei Flüsse. Selbst hier, abseits der Aufstände, war das Heilige Römische Reich beunruhigt von der unerhörten Erhebung des gemeinen Mannes. Hoch in den Himmel ragende Kirchtürme prägten den alten Stadtkern auf der schmalen Halbinsel zwischen Donau und Inn. So beruhigend der Anblick dieser altehrwürdigen Stadt war, Konrad verspürte ein Stechen in der Herzgegend, wenn er nur an Würzburg dachte, so sehr liebte er es. Er hoffte, es läge nicht vollends in Trümmern, wenn er irgendwann heimkehrte.

Die erste Nacht verbrachte Konrad in einem Gästequartier im massigen Turm der Veste Oberhaus. Von den Fenstern seiner Gemächer hatte Konrad einen herrlichen Blick über die Donau, die Ilz und den Inn. An den Wänden des größten Zimmers hingen prachtvolle Bildteppiche, die die Bergpredigt zeigten, in Farben, die Konrad als höchst angenehm empfand.

Doch gegen Mitternacht wachte er auf und konnte nicht mehr schlafen. Nur im seidenen Schlafgewand spazierte der Fürstbischof auf dem schmalen Balkon des Wohnturms auf und ab und hob den Blick zum Mond, dessen Licht sich in den drei Flüssen spiegelte, die sich wie Wurzeln eines großen Baums verzweigten. Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel, entsann er sich doch des Wiegenlieds, das ihm seine Amme oftmals vorgesungen hatte. Als kleines Kind hatte ihm die Vorstellung gefallen, der Mond sei in sein eigenes Spiegelbild auf dem Wasser verliebt. Am fernen Horizont zuckten die letzten Blitze des gewaltigen Unwetters – für Konrad die grandiose Zurschaustellung von Gottes Macht. Doch bald stieg ihm ein unangenehmer Geruch in die Nase – dem Wasser oder dem Uferverlauf weit unterhalb der Burg entströmte ein Miasma, das Konrads Sinne beleidigte. Er rümpfte die Nase, verstimmt darüber, dass die schöne Sinneswahrnehmung verdorben war, und kehrte zurück ins Gemach. Ruckartig zog er die Vorhänge vor Fenster und Tür, um den üblen Geruch fernzuhalten.

*

»Juden und Ketzer, Euer Gnaden«, antwortete einer der Leibdiener, als Konrad sich am nächsten Tag über den Geruch beschwerte. »Sie werden in den unteren Verliesen festgehalten, und die Luftlöcher liegen genau unterhalb der Festungsmauern.«

»Juden und Ketzer, sagst du?«

»Die Juden lässt man verhungern, damit sich kein Unheil auf die Seele unseres guten Erzbischofs senkt. Die Ketzer werden einer peinlichen Befragung unterzogen. Sie werden sicher bald brennen, Euer Exzellenz.«

Konrad wiegte nachdenklich den Kopf. »Gewiss hat man das Geld der Juden beschlagnahmt und der Reichskasse zufließen lassen, um weitere Söldner anzuwerben, die wir so dringend brauchen …«

»Verzeiht uns, Euer Gnaden, aber es steht mir nicht zu …« Der Leibdiener senkte ergeben den Blick.



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