Das verborgene Kind by Willett Marcia

Das verborgene Kind by Willett Marcia

Autor:Willett, Marcia [Willett, Marcia]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 9783838710839
Herausgeber: Bastei Luebbe
veröffentlicht: 2012-02-16T23:00:00+00:00


19. Kapitel

Nick und Lottie saßen schweigend im Gartenzimmer zusammen. Lottie strickte. Er sah zu, wie das Stück langsam wuchs und die weiche Wolle sich über ihren Knien bauschte, während das große, bunt melierte Knäuel davonrollte und wieder eingeholt wurde, und folgte der rhythmischen Bewegung der Nadeln. Nick fühlte sich besänftigt und unendlich entspannt. Wie war es möglich, dass man mit manchen Menschen zufrieden schweigend dasitzen konnte und mit anderen nicht? Seine Tante beendete eine Reihe linker Maschen, drehte das Strickstück um und begann mit einer Reihe rechts. Es könnte ein Umschlagtuch oder eine Decke werden. Sie strickte wunderschöne Kleidungsstücke für kleine Kinder – eigentlich meist für wohltätige Zwecke, nur gelegentlich für sich selbst und nie für Milo, Matt oder Im.

»Würdest du mir einen Pullover stricken, Lottie?«, fragte er plötzlich, ohne genau zu wissen, warum. Er war nur der Überzeugung, dass einem Kleidungsstück, das jemand, der einem nahestand, mit Liebe gefertigt hatte, etwas Magisches anhaftete.

»Oh, mein Schatz«, sagte sie. Sein Vorschlag amüsierte sie. »Bist du dir sicher? Gehörst du zu den Männern, die einen von ihrer Tante gestrickten Pullover tragen würden?«

Er fiel in ihr Lachen ein. »Warum nicht? Meine Freunde würden denken, er sei von Brora oder Toast oder sonst einem Designer. Ich möchte etwas Robustes, Strapazierfähiges. Das wäre gut für mein Image.«

Sie warf ihm einen Blick zu, und ihm war, als schauten diese klaren grauen Augen direkt in ihn hinein, hinter seine Pose und Fassade. Er wappnete sich für den Fall, dass sie eine leicht hingeworfene, verletzende Bemerkung darüber machen würde, dass mehr als ein Pullover nötig sei, um einen harten Kerl aus ihm zu machen – Alice hätte so eine Spitze losgelassen –, aber stattdessen lächelte Lottie nur.

»Sehr gern«, sagte sie. »Ich glaube, es wird ein Fischerpullover. Den kannst du tragen, wenn du mit Milo segeln gehst. In Marineblau. Ich nehme deine Maße, bevor du zurückfährst.«

»Ich möchte nicht zurückfahren«, erklärte er. Auf dem großen, drehbaren Weidensessel wiegte er sich leicht hin und zurück. »Wünschst du dir auch manchmal, du könntest dein Leben einfach hinter dir lassen, Lottie?«

Sie strickte eine ganze Reihe, bevor sie ihm antwortete. »Ich glaube, ich habe genau das umgekehrte Problem«, sagte sie schließlich. »Ich habe nie das Gefühl gehabt, ins Leben hineinzugehören. Mir ist, als hätte immer etwas in meinem Gehirn gefehlt, um richtig Verbindung zum Rest der Menschheit aufzunehmen. Das ist ein sehr unschönes Gefühl der Einsamkeit. Mir kommt es vor, als sprächen alle anderen eine Sprache, die ich nicht richtig verstehe, und benähmen sich nach einem Regelwerk, das mir niemand erklärt hat. Ich taste blindlings umher, bemüht, alles zu begreifen, aber ich war noch nie besonders erfolgreich. Deswegen bin ich auch Milo so dankbar. Verstehst du, er ist eine Zuflucht für mich.«

Bestürzt schwieg Nick für einen Moment. Er suchte nach den richtigen Worten, um sie zu beschwichtigen.

»Aber du bist doch all die Jahre in London gut zurechtgekommen und hast dich um Im und Matt gekümmert. Die beiden sagen immer, dass sie ohne dich ein schrecklich unglückliches Leben geführt hätten.«

»Wahrscheinlich hätten sie das«, gab sie offen zurück, »wenn man bedenkt, dass die arme Helen so schrecklich unter Depressionen litt.



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