Das tiefe Blau des Meeres by Marie Lamballe

Das tiefe Blau des Meeres by Marie Lamballe

Autor:Marie Lamballe [Lamballe, Marie]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2015-04-16T16:00:00+00:00


Bretagne, August 1940

Sie sahen so harmlos aus. Junge Burschen, die meisten blond, gut gebaut, sehnig. Einige waren nackt, andere hatten kurze Hosen anbehalten, die Oberkörper waren frei. Man sah, wie blass und empfindlich ihre Haut noch war, manche hatten sich hier am Strand in St-Malo aber auch schon eine ordentliche Sonnenbräune eingehandelt.

Wie eine Horde Sommerfrischler, dachte Margot. Alberne Kinder, schutzlos in ihrer Nacktheit, springen in den Wellen herum, lachen, sitzen und rauchen. Max könnte einer von ihnen sein. Oder auch Lucas und Bernard. Das also sind Hitlers Soldaten, die Frankreich erobert haben.

Sie hatte sich weitab der Brandungszone unter einem Felsen niedergelassen, ein wenig schwerfällig schon, denn das Kind wölbte ihren Bauch immer weiter vor und verursachte ihr Beschwerden im Rücken. Dafür konnte sie den Zeichenblock jetzt im Sitzen recht gut auf Bauch und Knien abstützen. Alans Mutter hatte sich von Loan mit dem Auto nach St-Malo fahren lassen, um Fisch, Kaffee und Gewürze einzukaufen, und sie hatte Margots Bitten, sie doch mitzunehmen und während der Einkäufe am Strand abzusetzen, nicht widerstehen können. Loan hatte diese Aufgabe nur zögerlich übernommen. Er war bisher um Kriegs- und Arbeitsdienst herumgekommen, da er seit einem Unfall vor Jahren ein steifes Knie hatte. Aber wie man hörte, brauchten die Deutschen französische Arbeiter für ihre Bunkeranlagen und Fliegerhorste, und Loan hatte wenig Lust, für die Besatzer zu arbeiten.

Margot schloss für einen Moment die Augen und lehnte den Kopf gegen den sonnengewärmten Fels. Sie liebte dieses Gefühl, durch die Berührung ihres Körpers an der Kraft dieses Felsblockes teilzuhaben, sein Gewicht in ihrem Rücken zu spüren, die Stärke des Granitgesteins, das den Angriffen der Wellen unbeirrt standhielt. Meer und Fels formten dieses wundervolle Land seit Jahrhunderten – was bedeutete ihnen schon das Geplänkel der Menschen. Völker kamen, Völker gingen, zogen heran und wieder fort, wie Ebbe und Flut …

»Pardong … Mademoiselle … Bongjour …«

Erschrocken blickte sie auf. Drei junge Deutsche standen vor ihr, sittsam mit Hemd und kurzen Hosen bekleidet, die Gesichter von der Sonne gerötet. Unternehmungslust und Verlegenheit wechselten in ihren Mienen.

Sie lächelte ihnen entgegen. Wie alt mochten sie sein? Nicht viel älter als sie selbst vermutlich.

»Bonjour, Messieurs …«

Sie freuten sich über den Gegengruß, dann drucksten sie herum, weil keiner von ihnen mehr als fünf Worte französisch sprach.

»Sie … vous … zeichnen … malen … make picture …«

Aha, sie interessierten sich für ihre Bilder. Besser gesagt, sie versuchten, über die Bilder mit ihr anzubandeln. Margot amüsierte sich.

»Sie möchten meine Bilder sehen?«, fragte sie auf Französisch und drehte den Block herum. »Sehen Sie, das sind die Inseln dort drüben. Die Festung. Ein Schiff …«

Die jungen Herren bestaunten das unfertige Bild, nickten einander zu und schienen der Ansicht, eine große Künstlerin vor sich zu haben. Margot bekam jetzt Spaß an der Sache, sie blätterte zurück, zeigte ein paar ältere Bilder und hatte ein diebisches Vergnügen daran, die Kommentare zu hören. Natürlich hatten die armen Kerle keine Ahnung, dass sie Deutsch konnte.

»So was hängt bei meiner Tante überm Sofa …«

»Mir gefällt’s. Vielleicht verkauft sie uns ein Bild …«

»Frag sie doch



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