Das stille Kind by Asta Scheib

Das stille Kind by Asta Scheib

Autor:Asta Scheib [Scheib, Asta]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Gegenwartsliteratur, Belletristik, Roman, Wunschliste
ISBN: 9783423215305
Google: ZAHqngEACAAJ
Herausgeber: DTV Deutscher Taschenbuch
veröffentlicht: 2014-11-06T23:00:00+00:00


16

Michiko blieb heute bei den Kindern. Mavie war munter, sie freute sich über die Gute-Nacht-Küsse der Eltern. Cosima saß noch in der Badewanne. Ihre Wangen waren gerötet, und sie genoss es, allein im duftenden Schaum zu sitzen. Meist wurde sie gemeinsam mit David geschrubbt, und das mochte sie nicht sonderlich. David wollte noch nicht ins Bett. Michiko hatte von Lukas gelernt, ein Bataillon zu kommandieren. David hörte ihr gerne zu, wenn sie »links zwo drei vier«, oder »rechts zwo drei vier« rief. Oder »uuuuuund halt« oder »uuuuuund rechts um«. Mit ihrem Akzent hörten sich die simplen Kommandos interessant an.

»Wenn Michiko sagt, ab ins Bett, dann geht es auch ab ins Bett! Ist das klar?«, sagte Lukas, und David schaute interessiert die Zimmerdecke an.

»Geht nur. David und ich sind Freunde, wir ärgern uns nicht«, lachte Michiko.

»Er hat bei Michiko noch nie Theater gemacht«, fügte Paulina hinzu und reichte Cosima noch rasch ein frisches Badetuch.

Als Paulina und Lukas auf die Straße traten, leuchtete die untergehende Sonne den Himmel in orangeroten Tönen aus. Das Wetter war klar und mild. Der Mittlere Ring lag in seiner Beleuchtung da wie das Stück einer riesigen Achterbahn; die Autos fuhren sacht und gleichmäßig hinauf in die Kurve, und auf der anderen Seite glitten sie lautlos bergab. Dagegen polterte die S-Bahn unbekümmert in den Bahnhof hinein, und die Autos auf der Arnulfstraße fuhren in einer Gruppe zügig auf die nächste Ampel zu.

Lukas liebte gerade diese Ecke, wo ihr Haus stand. Er liebte sie besonders bei Sonnenuntergang, weil dann alles glänzte. Als er ein Kind war, hatten ein paar Schulfreunde in der Donnersbergerstraße gewohnt. Er war oft bei Geburtstagen und Faschingsfesten eingeladen gewesen und kannte mehrere Häuser auch von innen. Diese Wohnungen in der Donnersbergerstraße waren ein Teil seines Kinderglücks gewesen. Den Ausdruck hatte er von Granny übernommen, die manchmal davon sprach, dass ihre Wohnung in der Frundsbergstraße ein Teil ihres Glücks sei.

»In der Donnersbergerstraße würde ich schon bleiben«, meinte Lukas. Wie Paulina betrachtete er den malerischen Himmel, der nicht so recht zu der Ansammlung von Technik zu passen schien, die sich unter seinem Zelt breit gemacht hatte.

»Eigentlich hätten wir auch hier nach zwei großen Wohnungen suchen können. Die Häuser mit ihren geschwungenen Giebeln sind wirklich schön. Und die im Jugendstil erst recht. Zum Teil sind sie richtig solide saniert.« Lukas sagte es nachdenklich, während er Paulina einhakte und mit ihr Richtung Rotkreuzplatz ging, da er in der Hirschbergstraße Grannys Auto geparkt hatte.

»Ich habe die Straße inzwischen auch richtig gern«, bestätigte ihn Paulina. »Die schönen Geschäfte, ich finde hier alles, was wir brauchen, wirklich alles. Und die Leute mag ich auch. Es gibt so viel Freundlichkeit hier, Hilfsbereitschaft. Neugier natürlich auch, aber ich bin ja selbst neugierig, wie es anderen Müttern mit ihren Kindern geht. Oder dem Ehepaar, das ich nie ohneeinander einkaufen gehen sehe. Und die beiden alten Schwestern, die in den Läden immer streiten, wenn sie einkaufen, und dann aber wieder Arm in Arm herauskommen, ein Bild der Harmonie.«

»Vergiss nicht den ewig besoffenen Obdachlosen, der die Pullover vom Hafner aufträgt.



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