Das junge Europa by Laube Heinrich

Das junge Europa by Laube Heinrich

Autor:Laube, Heinrich
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: (Privatkopie)
veröffentlicht: 2010-02-03T00:00:00+00:00


21.

Valerius unterrichtete des andern Tages Joel beizeiten, daß äußerlich nichts zu besorgen sei. Dieser war in der erzürnten, halb grimmigen Stimmung, welche jener den Tag vorher mit Eifer entzündet hatte. Sie ist der beste Schutz kräftiger Menschen gegen die unleidlichen konventionellen Übel, und sie ermunterte Joel auch sogleich, wie sein Freund das Regiment zu verlassen. »Wir finden einen freundlichen Tod,« sagte er, »beim alten Dwernicki – dorthin lassen Sie uns gehen, dort gibt's keine Aristokraten für Sie – und für mich – ach, für mich ist's überall gleich, aber die Jugend, die unter Dwernicki fechten will, ist doch besser, ihr Blut ist noch natürlicher, und die Natur kennt keinen Haß.«

Valerius eilte nun zu Stanislaus – er war nicht zu sprechen – der alte Graf ebenfalls nicht – die Fürstin war den Abend vorher zum ersten Male wieder im Salon erschienen. O, in welch einer verworrenen Stimmung eilte er hinweg! Was mußte Konstantie von ihm denken, wie tief mußte sie sich gekränkt glauben. Sollte er schreiben? Nein, das war ihm nicht möglich – das Hoch und Niedrig, Vornehm und Gering sprang so wild in seinem Kopfe herum, daß ihm das Schreiben an die Fürstin wie ein Hinterhalt vorkam, in welchen er mit all seinem Bürgerstolze fallen könnte wie der arme Joel. Sind wir einmal aus dem Regelmäßigen aufgeschreckt, dann sehen wir in allen Ecken Feinde. Und Stanislaus und sein Vater – sie hatten sich sicherlich verleugnen lassen – »wie konnte ich einen Augenblick vergessen, daß sie keine Deutschen sind mit all ihrer Sanftmut!«

Das Leben in diesem Zustande ward ihm unerträglich; wenn sich das Verhältnis zu Stanislaus und seinem Vater so feindlich ausbildete, wie er glaubte, daß es jetzt angefangen habe, so war ihm der Weg zu Konstantien versperrt. Von der Armee hatte er sich geschieden, was hatte er nun in Polen noch zu schaffen? Aber der Gedanke war ihm ebenso unerträglich, jetzt zu entscheiden. Alle Interessen seines Geistes und Herzens hätte er in unvollkommener Halbheit nach Deutschland gebracht.

In dem unbehaglichsten Aufruhr seiner Gedanken und Wünsche kam er in seine Wohnung. Magyac trat ihm mit traurigem Gesicht entgegen: »Herr, Sie wollen nicht mehr mit uns fechten?«

»Woher weißt du das?«

Nach einigem Zögern erzählte er, daß es ihm der Bediente des Grafen Stanislaus gesagt habe. »Er hat den jungen und den alten Herrn Grafen sehr heftig darüber sprechen hören, auch von Joel ist die Rede gewesen, und der alte Herr hat dem jungen heftige Vorwürfe gemacht, daß er unbesonnen sein Vertrauen und seine Freundschaft wegwerfe. Herr, es ist einer wie der andere von unseren Edelleuten, wenn auch in manchen Stunden einer besser aussieht als der andere, und ich würde nicht von Ihnen gehen, Herr, wenn Sie noch mit uns fechten wollten.«

»Du willst mich also verlassen?«

»Ja, Herr, ich bin ein Pole.«

Valerius fühlte eine Art Kitzel der Trauer darin, daß ihm plötzlich alles untreu würde. Er reichte dem Thaddäus die Hand und schenkte ihm seine Börse, ohne zu bedenken, daß es der letzte Rest seiner Barschaft sei.

»Leb' wohl, Magyac, du bist noch der Ehrlichste von allen.«

Thaddäus



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