Das goldene Horn by Poul Anderson

Das goldene Horn by Poul Anderson

Autor:Poul Anderson [Anderson, Poul]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Der letzte Wikinger 1
veröffentlicht: 2014-04-08T16:00:00+00:00


4

Er war des Nachts oftmals schlaflos, doch die Tage konnten mehr als nur süß sein. Weder Harald noch Maria konnten ihrer Arbeit entkommen; oftmals verging der größte Teil einer Woche, ohne daß sie einander sahen, doch er fand heraus, wie ein Mann von seinen Erinnerungen leben konnte. Er riß sich zusammen und befehligte die Wache wieder, wenn auch nur, um die Leere zu füllen.

Das Jahr verblich in Herbststürmen und dem Winterfrost, und das neue wurde durch Glockenspiele eingeläutet, die durch Regen erklangen. Als er aus der Hagia Sophia kam, wehte ein rauher Wind, der einen Wolkenbruch vor sich dahintrieb, vom Bosperus auf Harald hinab. Das Wasser rauschte durch die Straßen und gurgelte in den Abflüssen. Zuhause wird wahrscheinlich Schnee liegen, dachte er, weiß und still. Hier bekamen sie nur selten Schnee. Immer stärker wurde der Drang, nach Hause zurückzukehren.

Im Frühjahr hatte er einen freien Nachmittag, und Maria ebenfalls, und der geheiligte Olaf – der selbst geliebt worden war – machte ihn warm und klar. Sie saßen zusammen in dem von Mauern umgebenen Garten Nicephorus’, allein bis auf die unumgängliche Anstandsdame. Ihr Vater hatte die älteste, taubste, kurzsichtigste arme Bedienstete bereitgestellt, die er finden konnte. Sie schlief auf ihrem Stuhl ein, und Maria gesellte sich zu Harald auf eine Laubenbank.

Ihre Hand lag mit einem Vertrauen in der seinen, die sein Herz schneller schlagen ließ, doch sie sprachen leise miteinander. Sie hatte sich darangemacht, die nordische Sprache zu lernen, und fing mit seinem Namen an.

»Hahrrahlt. Nein, da ist ein Delta am Ende, nicht wahr? Hahrrald!« Sie rümpfte die Nase. »Was für eine Sprache! Du klingst wie ein Bär, der wütend erwacht.«

»Aber nicht wütend auf dich«, sagte er. »Ich könnte dir niemals böse sein.«

»Nun, lehre mich jetzt zu sagen: ›Ich liebe dich.‹«

Er lehrte es sie, und sie sagte es auf Nordisch, und er küßte sie dafür. Sie spürte, wie seine Hände mit ihrer ganzen knochenbrecherischen Kraft vorsichtig auf ihr ruhten.

»Armer Liebling.« Sie zerzauste sein Haar. »Diese Verlobungszeit ist nicht leicht für dich, nicht wahr?« Sie errötete. »Wir werden nicht mehr lange warten müssen. Und dann … Und nächstes Jahr, so Gott will, reise ich mit dir dem Polarstern entgegen. Mit dir!«

»Ich werde dich zur Königin des ganzen Nordens machen, Maria.«

»Es wird mir genügen, deine Frau zu sein. Wirklich, mehr will ich nicht. Oh, ich bin stolz wie der Satan, wenn sie am Hof von deinen Siegen sprechen. Trotzdem …«

»Fahre fort.« Er nahm ihr Kinn in seine Hand.

»Oh … ich weiß, ich bin schwach und töricht. Aber ich kann nicht umhin, an die anderen Frauen zu denken, deren Männer niemals zurückgekehrt sind. Und an die Bauern, die in den Krieg verschleppt werden und nur darum gebeten haben, in Frieden auf ihren Feldern arbeiten zu dürfen. Eines Nachts träumte ich, ich stünde vor dem Kaiserlichen Thron. Der Kaiser saß darauf, und irgendwie warst du der Kaiser, aber der Thron war feucht vor Blut, und als du – er – seine Hand hob, sah ich, daß Blut zwischen seinen Fingern klumpte.«

Sie hatten zuvor über etwas Ähnliches gesprochen.



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