Das eherne Buch by von Aster Christian

Autor:von Aster, Christian [von Aster, Christian]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Fantasy
Herausgeber: Klett-Cotta
veröffentlicht: 2015-08-21T16:00:00+00:00

Der General des Keilers schlief unruhig in dieser Nacht. Immer wieder spürte er zwischen Wachen und Träumen die starren kalten Augen des Albinos auf sich und fuhr mehr als einmal mit dem Dolch in der Hand schweißgebadet von seinem Lager hoch.

Gherren hatte ihm versichert, er werde am folgenden Morgen mit der Nacht in die Weiße Stadt zurückkehren. Darüber hinaus hatte er ihm versprochen, dass weder ihm noch Gvenn etwas zustoßen würde. Doch er traute dem Albino nicht. Darum hatte er ihm und der Nacht ein Zelt am äußersten Rand des Lagers überlassen und seinen verbliebenen Wachen eingeschärft, es nicht aus den Augen zu lassen.

Im Anschluss an ihr Gespräch im Zelt der Keilertochter hatte Gherren dem General klargemacht, was der Rat von ihm erwartete: nicht weniger, als das Eherne Buch ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen, bevor das gesamte Reich in Aufruhr geriet. Der Albino hatte ihm deutlich zu verstehen gegeben, dass keiner der Fürsten es guthieß, wenn seine Untertanen nach all der Zeit an die Idee eines möglichen Friedens zu glauben begannen. Der Rat hatte darüber abgestimmt. Und die Fürsten hatten verfügt, das Eherne Buch, das sie bereits mehr als einmal vernichtet geglaubt hatten, so schnell wie möglich zu zerstören. Es einzuschmelzen, auf dass der Stahl in der Finsternis irgendeiner vergessenen Höhle abseits aller Hoffnung im Boden versickerte. Und Zadt Mhaw, so hatte der Rat verfügt, oblag es nun, das Legendeneisen, das erst durch seine Schuld wieder in die Welt gelangt war, herbeizuschaffen.

Der General wusste, dass es sinnlos war, sich der Nacht in den Weg zu stellen. Aus den dunklen Augen dieser Männer blickte der Tod in die Welt, und das Morden war für sie so selbstverständlich wie anderen das Essen oder Trinken. Ironischerweise war das ursprünglich genau der Grund gewesen, weshalb er sie entfesselt hatte. An diesem Morgen musste er jedoch erkennen, sich mit Kräften eingelassen zu haben, die er keinesfalls kontrollieren konnte. Und zu allem Überfluss hatte er nun auch noch die Aufmerksamkeit des Rates auf sich gezogen.

Wenn es ihm nicht gelingen sollte, das Eherne Buch in seinen Besitz zu bringen und den Rat zufriedenzustellen, würden dessen Armeen jede Spur des Hauses Bitterkling für immer vom Antlitz der Welt und aus den Geschichtsbüchern tilgen.

Mhaw hatte einen Fehler begangen. Und das erste Mal seit langem fürchtete er um die Zukunft des Keilers. Sollte der Rat seine Drohung wirklich wahr machen, würde es sein, als hätte der Keiler nie existiert.

Ein Schrei aus dem Lager ließ den Einäugigen kurz vor Sonnenaufgang endgültig aufspringen. In voller Rüstung schnellte er von seinem Lager empor, gürtete eilig sein Schwert um und hastete nach draußen. Dort bot sich ihm der Anblick, vor dem er sich insgeheim gefürchtet hatte: Zelte standen in Flammen, ein unheimlicher Schein erhellte das Lager. Überall lagen die reglosen Körper seiner Söldner und der gedungenen Schurken, die noch nicht aufgebrochen waren.

Zwischen den Bäumen glaubte der General einige fliehende Gestalten zu erkennen, während unweit seines eigenen Zeltes, im Herzen des Lagers, ein paar Bewaffnete vor den sich wild aufbäumenden Pferden der Nacht zurückwichen.

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