Das bisschen Hüfte, meine Güte • Die Online-Omi muss in Reha by Renate Bergmann

Das bisschen Hüfte, meine Güte • Die Online-Omi muss in Reha by Renate Bergmann

Autor:Renate Bergmann [Bergmann, Renate]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783644546813
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2015-06-29T16:00:00+00:00


Ich habe beim Bällewerfen den zweiten Platz gemacht. Schwester Sabine hat Nasenbluten.

Ich wurde mit dem Krankenfahrdienst vom Bett weg in die Reha-Klinik nach Wandlitz rausgefahren. Das war an einem Mittwoch. «Halten Sie sich bitte gegen elf bereit, Frau Bergmann. Der Fahrer hat nicht viel Zeit, und es wäre schön, wenn Sie fertig sind und er nicht lange warten muss», hieß es. Als ob auf mich schon mal jemand hätte warten müssen! Um halb acht saß ich frisiert und im Mantel bereit, aber weit und breit kein Fahrer. Er kam erst zehn vor elf, ich dachte schon, er hat mich vergessen.

Man sitzt sehr hoch in diesen Krankenwagen. Viel höher als im Koyota, fast wie im Bus. Es war eine wirklich schöne Fahrt, wissense, im Mai macht die Natur immer einen Schuss, da verändert sich in einer Woche so viel, da staunt man nur. Plötzlich blüht und grünt alles.

Sehr gesprächig war der Fahrer nicht. Aber er war ein genügsamer Herr in den besten Jahren mit einer auskömmlichen Arbeit, dichtem Haar und einem Teilzahnersatz. Leider trug er einen Ehering, sonst hätte ich versucht, ihm Frau Schlode schmackhaft zu machen. Gegen die Singerei aus Einsamkeit musste doch was unternommen werden! Ich will nicht klagen, er trug mir noch die Tasche auf das Zimmer im Ku… Reha-Heim, und ich gab ihm sogar 50 Cent Trinkgeld, immerhin eine Mark, zwei Ostmark, fast ein halbes Brot. Also früher.

Ich hatte wieder Glück mit meiner Zimmergenossin. Sie war gerade Anfang 60, hieß Erna Schupphuhn und hatte das Knie gemacht bekommen. «Wenigstens keine Bandscheibe», dachte ich bei mir. Und trotzdem noch ein junges Ding, das man gut zum Kiosk schicken konnte, wenn es einem an etwas fehlte.

Ach, was sage ich, im Großen und Ganzen hatte ich es gut getroffen! Man konnte nicht meckern. Die haben das sehr hübsch saniert, dieses Wandlitz. Man sieht fast gar nichts mehr, keine Bunker oder Panzer. Man weiß ja nicht, wie es mal gewesen ist, nich? Das haben sie alles gemacht und schön bepflanzt, Blumenbeete und Büsche und Springbrunnen, wirklich wunderhübsch. Und überall Bänke zum Ausruhen und die Wege so schön breit, dass man mit dem Rollator auch aneinander vorbeikommt. Doch, da haben sie sich was einfallen lassen. Und von der ollen Honeckern keine Spur, die traut sich gar nicht mehr her, die sitzt in diesem Schiele und hängt alten Zeiten nach.

Gertrud musste mir gleich am zweiten Tag Handtücher von zu Hause mitbringen. Sie glauben nicht, was die einem da für Schmirgellappen anbieten! Ich war nach der ersten Dusche ganz rot geschubbelt an den Beinen und am Rücken. Zu Hause macht man ja einen Extraschuss Weichspüler ins letzte Spülwasser, das gehört sich doch wohl so. Und natürlich den Guten, nicht so billiges Zeug. Man will ja schließlich lange Freude an seinen Sachen haben. Und mal ehrlich – wer weiß denn, wer hier vor einem damit abgetrocknet wurde und ob die die Wäsche richtig kochen und auch Hygienespüler nehmen? Nee, ich wollte meine eigenen Handtücher.

Und auch die Bettwäsche von zu Hause.

Die von der Einrichtung war unzumutbar. Das kann ich gar nicht mit Worten beschreiben.



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