Das alte Haus by Gerstäcker Friedrich

Das alte Haus by Gerstäcker Friedrich

Autor:Gerstäcker, Friedrich [Gerstäcker, Friedrich]
Die sprache: deu
Format: epub


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Der Wirt „Zur Krone“ in Hellburg hatte seinen kleinen Saal sowohl für diesen Tag, als für alle späteren Verhandlungen der Conferenz zur Verfügung gestellt. Hier war denn auch schon an diesem Morgen eine ziemlich zahlreiche und lebendige Gesellschaft versammelt, die teils aus den verschiedenen Verwandten und sonstigen sich berechtigt glaubenden Erben des Quetzlinberger'schen Nachlasses, teils aus den verschiedenen Advocaten bestand. Den letzteren waren kleine Tische mit Schreibmaterialien eingeräumt, wo sie teilweise emsig beschäftigt saßen, ihre Schriften zu ordnen, teils auch mit ihren Clienten sich unterhielten. Die übrigen Gruppen plauderten zusammen, gingen hier und da zu Zweien und Dreien im Saale auf und ab, oder saßen auch einzeln in schweigender Gravität, das Resultat der Zusammenkunft zu erwarten, und sich durch voreilige Freundlichkeit mit einem der anderen vorgeblichen Erben nichts zu vergeben. Jedenfalls hatte die ganze Gesellschaft einen bestimmten Zweck: den langen unerquicklichen Prozess endlich einmal zu einem Schlusse zu führen und zum ersten Mal die Überreste dessen zu überblicken, was Gerichtskosten und Advocaten von einem früher ziemlich bedeutenden Vermögen übrig gelassen haben mochten.

Das Ganze war bis jetzt auch in einem höchst geschäftsmäßigen steifen Tone betrieben worden. Die verschiedenen Verwandten, von denen sich hier die meisten zum ersten Male sahen, konnten aus ihren früheren Correspondenzen oder Verhandlungen überhaupt keine besondere Neigung zu einander gefaßt haben, und kamen sich deßhalb wohl sehr höflich, aber auch sehr kalt entgegen. Ja, selbst die Freundlichkeit Einzelner nahm man nur mißtrauisch und abwehrend auf.

Das Verhältniß der Erben war übrigens in so fern eigentümlicher Art, da es in drei Classen zerfiel, von denen Doctor Hetzelhofer laut testamentarischen Papieren, wie schon erwähnt, die Verlassenschaft des ältesten Sohnes beanspruchte und darin von jenem sehr entfernten Verwandten des Quetzlinberger'schen Hauses, dem Doctor und Notar Quetzlinberger, unterstützt wurde. Man vermutete natürlich dabei, und wahrscheinlich nicht ohne Grund, daß er diesem für solche Unterstützung bedeutende Vorteile in Aussicht gestellt haben mußte.

Ihm gegenüber stand der junge Schierling, als Nachkomme des Adoptiv-Sohnes, der durch sein Erscheinen Doctor Hetzelhofer's Ansprüche in den Hintergrund drängte. – Der Doctor konnte nämlich nicht beweisen, daß der junge Eduard Quetzlinberger, der eigentliche legitime Sohn des alten Testators, nach dem Tode dieses wieder zum Vorschein gekommen sei, und für den Fall galt der Adoptiv-Sohn, wie schon erwähnt, als Universal-Erbe. Eine Zeit lang war aber auch dieser völlig verschollen gewesen, und Doctor Hetzelhofer hatte seinen Prozess gegen die anderen Erben und Verwandten des Quetzlinberger'schen Hauses schon fast zu Ende geführt, als der Adoptiv-Sohn Schierling plötzlich wieder (wie es hieß, gerade von einer Wallfisch-Fahrt zurückgekehrt) auftauchte, dem Prozess dadurch eine neue Wendung und vollkommen frische Nahrung gab und des Doctors Ansprüche auf's Neue unsicher machte.

So waren die verschiedenen Ansprüche im Laufe der Zeit auch auf die verschiedensten Namen und Familien übergegangen Nur die beiden Haupterben schienen den ihrigen von ihren Vorfahren mit geerbt zu haben, und Doctor Peregrinus Hetzelhofer stand noch immer den Ansprüchen des Konrad G. Schierling so hartnäckig entgegen, wie es seine Vorfahren vor fast neunzig Jahren getan hatten.

Der Vergleich übrigens, den der junge Schierling den übrigen Erben angeboten und der



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