Das Wispern der Schatten by Adam J. Dalton

Das Wispern der Schatten by Adam J. Dalton

Autor:Adam J. Dalton
Die sprache: deu
Format: azw3, epub, mobi
ISBN: 9783641084813
Herausgeber: Blanvalet Verlag (Verlagsgruppe
veröffentlicht: 2013-02-17T23:00:00+00:00


Kapitel 9

UM UNS ZU STRAFEN UND ZU SCHÜTZEN

Der Wind glich einer kalten Klinge, die ihm über die Kehle schrammte. Prediger Praxis schlug den Kragen hoch, um sich davor zu schützen. Der Wind wurde zornig und drohte, ihn von dem schmalen Pfad zu reißen, der einer leichtsinnigen Bergziege weit angemessener gewesen wäre als jedem vernünftigen, zivilisierten Menschen. Natürlich hatte Torpeth vor ihm keinerlei Schwierigkeiten, gewaltige Sprünge zu machen und an den trügerischen Bergflanken Halt zu finden. Der Prediger hätte genauer auf die Stellen geachtet, die der Heide nutzte, um sich mit Händen und Füßen abzustützen, wenn er dazu nicht zugleich Torpeths unansehnliches nacktes Gesäß hätte vor Augen haben müssen. Praxis war sich sicher, dass der Heide absichtlich ein paarmal nur deshalb stehen geblieben war, weil er feststellen wollte, ob er die kultivierte Nase des Predigers in den ungewaschenen Arsch bekommen konnte.

»Das ist unzumutbar!«, verkündete der Prediger und richtete sich hoch auf. »Welches vernunftbegabte Wesen würde hier oben schon hausen? Keines. Nur der Wahnsinn des Chaos kann euer Volk hergeführt haben. Das ist ein weiterer Beweis für eure Verderbtheit.«

Torpeth hockte sich hin, drehte sich geschickt auf einem Fuß um und musterte seinen Schützling. »Pass auf, was du sagst, Flachländer«, sagte er halb tadelnd, halb flehend. »Diese Hänge sind allen Göttern heilig, aber vor allem Wandar von den Wütenden Winden, denn in dieser Höhe bleibt ihm nichts verborgen. Hier hat Gar vom Stillen Stein den Boden so erhoben, dass wir eine bevorzugte Aussicht auf die Welt genießen können. Hier spürt man den eiskalten Biss Akwars von den Wallenden Wassern schmerzlicher als irgendwo sonst. Hier scheint Sinisar vom Leuchtenden Pfad besonders hell und taucht alles in Licht. Die Luft ist klarer als der Kristall, der im oberen Dorf abgebaut wird. Es gibt hier Felsen, die so fest sind, dass selbst der stärkste Mann sie nicht zerbrechen kann. Das Wasser ist so rein und nahrhaft, dass es die Nahrung der Götter sein muss. Und hier oben brennen Feuer ohne Holz oder anderen Brennstoff.«

»Ha! Die Dämonen, die ihr Heiden Götter nennt, sind mir gleichgültig«, rief der Prediger zurück, obwohl der Wind ihm fast den Atem raubte und das Wort abschnitt. »Ich habe kein Interesse an ihrem Unfug und ihrem Mummenschanz.«

»Flachländer, sei bitte vorsichtig. Unsere Götter mögen zwar gebrochen sein, aber hier sind sie stärker als sonst irgendwo. Niemand kann Wandar trotzen und hoffen, es zu überleben. Die Krieger des oberen Dorfes widmen ihr Leben der Aufgabe, seinen Willen in Erfahrung zu bringen und ihm zu dienen. Er wird dich packen und von diesem Berg hinabschleudern.«

»Papperlapapp!«, schrie der Prediger, während der Wind auffrischte und ihn zwang, sich zu ducken, um nicht umgerissen zu werden.

»Siehst du, Flachländer? Die wütenden Winde zwingen sogar die Stolzen, den Kopf zu neigen.«

»Was für ein Unsinn! Ihr Heiden seid doch bloß unwissende Wilde. Aus welcher Einfalt heraus betet ihr die launischen Kräfte der Natur an? Aus welcher Verblendung heraus seht ihr Vorzeichen in jeder seltsam geformten Wolke, in der Art, wie die Blätter von den Bäumen fallen, und darin, wie eure Eingeweide sich morgens regen? Im Reich wird die Natur von den Erlösern und ihrem Volk beherrscht.



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