Das Versprechen der australischen Schwestern by Renk Ulrike

Das Versprechen der australischen Schwestern by Renk Ulrike

Autor:Renk, Ulrike [Renk, Ulrike]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Aufbau Digital
veröffentlicht: 2016-06-02T22:00:00+00:00


Kapitel 10

Sydney, September 1911

1909 war der Aboriginal Protection Act in New South Wales in Kraft getreten. Es gab dieses Gesetz schon seit 1869 in Victoria und von da an wurde es in den anderen Kolonien und Staaten modifiziert und zugelassen. Im Grunde sagte dieses Gesetz nur eines aus: Aborigines hatten keine Rechte mehr. Während sich überall auf der Erde demokratische Reformen durchsetzten, verloren die Ureinwohner Australiens alles, was ihnen wichtig war – sie verloren das Recht, sich dort aufzuhalten, wo sie es wollten, das Recht, sich frei zu treffen, das Recht sich zu verheiraten, kurz: Sie verloren das Recht über ihr Leben.

Sukzessive führten alle Länder in Australien nacheinander das Gesetz ein. Schon zuvor wurde das Leben der Ureinwohner immer mehr beschnitten. Sie verloren ihr Land, oft auch ihr Leben. Sie wehrten sich, aber sie hatten keine Chance gegen die übermächtigen Gegner, die ihr Land betraten und es annektierten. Das Land mit Steinschleudern und Holzspeeren gegen Gewehre zu verteidigen war hoffnungslos. Und dann schleppten die weißen Neuankömmlinge noch Krankheiten ein, gegen die die Aborigines keine Abwehr hatten. Da halfen auch Speere nicht.

In Sydney wusste man von diesen Schwierigkeiten nur wenig. Die Aborigines hatten sich schon lange zurückgezogen und lebten ihr Leben im Outback. Es war ihnen verboten, sich in den Städten niederzulassen.

Jedoch gab es viele Mischlinge, denn zum einen waren die Aborigines friedliche, liebende Menschen und sie lebten eine weitaus freiere Sexualität als die Weißen.

Bald schon mussten die Kirchen Missionen einrichten, denn anfangs wollten viele Stämme keine Mischlinge aufziehen. Frauen, die sich mit weißen Männern einließen, wurden zuerst verstoßen. Doch dann dezimierte sich die Zahl der Aborigines drastisch. Sie wurden ermordet, gejagt, verfolgt und die eingeschleppten Krankheiten taten ihr Übriges. Nun wurde auch den Mischlingen ein Totem gegeben und sie wurden in die große Gemeinschaft aufgenommen.

Doch dann änderte sich das Verhalten der Regierung. Man hatte erkannt, dass man die ›Wilden‹ nicht zähmen konnte, nicht einfügen konnte in das System. Sie waren keine billigen Arbeiter, die man bezwang. Sie folgten ihren Traumpfaden.

Großmutter Emilia hatte das bald herausgefunden. Immer wieder nahm sie Mischlinge oder Frauen und junge Männer aus den Missionen, die es rund um Sydney gab und in denen die Aborigines, die ihren Stamm, ihre Hoffnung und ihre Zukunft verloren hatten, Zuflucht fanden, bei sich auf. Emilia beschäftigte sie als Zimmermädchen, Köchinnen, Zugehfrauen, als Wäscherinnen, Burschen und Kutscher. Die meisten blieben nie lange. Nur Darri war immer wiedergekommen und Allunga war geblieben.

Das Kommen und Gehen der Aborigines störte Großmutter nicht, sie wusste, dass sie keine Siedler waren, sondern Nomaden. Es lag in ihrer Natur. Doch andere Weiße hatten kein so großes Verständnis. So kam die Regierung von News South Wales zu dem Ergebnis, dass man die Aborigines nicht in die Gesellschaft integrieren und umerziehen konnte. Deshalb wurden überall im Land Reservate für sie eingerichtet. Eines davon war auf der Halbinsel La Perouse vor Sydney. Erst lebten dort nur fünf Familien, doch dann wurden auch andere Aborigines dort hinverbracht. Man hatte kleine Hütten für sie gebaut, sie durften fischen und etwas Ackerbau betreiben, was allerdings nicht ihrem Naturell entsprach.



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