Das Vermaechtnis des Caravaggio by Peter Dempf

Das Vermaechtnis des Caravaggio by Peter Dempf

Autor:Peter Dempf
Die sprache: deu
Format: azw3, mobi, epub
ISBN: 9783442455799
Herausgeber: Goldmann
veröffentlicht: 2002-12-31T23:00:00+00:00


III

Der Anblick der Sonne wäre uns nicht so teuer,

wenn sie immerfort in unseren Augen leuchtete.

Die Schatten machen sie heller,

und die Finsternis lässt sie erlauchter erscheinen.

Federico Borromeo, 1598

1.

„Madre mia!“

Nerina ließ ihren Blick den ausgestreckten Arm des Kapitäns entlang laufen. Sie machte eine bleierne Linie aus, über die sich scharf abgegrenzte Wolkenbänke erhoben.

„Sturm! Und das ohne die Möglichkeit, einen Hafen anzusteuern. Dafür sind wir bereits zu weit von Syrakus entfernt.“

Nervös bellte der Kapitän seine Befehle. Bald hallte das Deck wider vom Trampeln nackter Füße. Ladungen wurden festgezurrt, Taue mit Fett eingerieben, damit der Hanf weniger Wasser saugte, alle Luken bis auf einen Durchstieg abgedichtet.

„Signori, begebt Euch bitte in Eure Kabine. Und wenn es Euch drinnen zu gefährlich scheint, dann bindet Euch an Deck gut fest. Wer einmal über Bord gegangen ist, den findet niemand mehr.“

Die nächsten Stunden bestanden aus Warten. Die Zeit kroch so langsam, dass Nerina das Gefühl nicht los wurde, als kreisten selbst die Möwen, die sie begleiteten, langsamer um den Mast, und das Meer hielte den Atem an. Zuerst schlugen die Wellen stärker ans Schiff, dann trieben Böen über die Kronen hinweg und ließen sie weiß aufschäumen, urplötzlich packte der Wind den Bootskörper und drückte ihn auf die Seite, sodass er starke Schräglage nahm. Zwei Matrosen hängten sich an die Leinen für das Segel und ließen den Segelbaum fallen. Das Tuch brach in sich zusammen, schlug wild hin und her und wurde von zwei weiteren Matrosen schließlich eingeholt. Die Zeit holte sie wieder ein, der Herzschlag der Wellen beschleunigte sich zu einem hektischen Hämmern.

Nerina hatte sich mit einem Tau festgebunden und hockte auf dem blanken Deck. Nicht weit entfernt saß der Johanniter, dem es in der Kabine ebenfalls zu stickig und ungemütlich geworden war. Nerina kämpfte gegen Übelkeit. So heftig hatte noch kein Schiff, auf dem sie gefahren war, das Meer gepflügt.

Als Schleier sah sie den Regen auf sich zueilen. Hinter seinem Vorhang beruhigte und glättete sich das Meer, während es davor wild tobte und weiße Schaumfetzen in die Luft warf. Dann prasselten harte Tropfen auf das Deck, und im Nu war sie durchnässt bis auf die Haut. Auch der Johanniter und die Besatzungsmitglieder beugten ihre Häupter unter dem Ansturm der Wassermassen. Trotz der offensichtlichen Beruhigung der See, begann das Schiff stärker zu stampfen. Der Kapitän hatte sich das Ruder untergeklemmt und stand im Heck, den Blick starr geradeaus gerichtet, hinein in eine graue Wasserhölle.

„Hoffen wir, dass wir um die Südspitze Siziliens, um das Cap Passero, herumkommen. Wenn wir das offene Meer erreichen, wird der Sturm zwar schlimmer, aber er kann dem Schiff weniger anhaben. Noch bläst er harmlos, und die Windrichtung begünstigt uns. Sie treibt das Schiff auf Malta zu!“

Weil das Heulen der anbrausenden Böen und das Schlagen des Wassers einen tosenden Lärm entwickelten, schrie der Johanniter. Nerina nickte. Sie erhob sich, die Hände in ein über das Deck gespanntes Seil verkrampft, um sich bequemer zu setzen. Die Seilrolle drückte ihr beim Schlagen des Schiffes in den Rücken und die Gischt wehte ihr scharf ins Gesicht. Ihr entging der musternde Blick des Johanniters nicht.



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