Das Vermächtnis des Inka by Karl May
Autor:Karl May [May, Karl]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
ISBN: 325120212X
Herausgeber: Haffmans Verlag
veröffentlicht: 1995-12-31T22:00:00+00:00
Eine Urwaldschlacht
Nach dem nächtlichen Unwetter war ein heiterer Morgen angebrochen. Die Regenwasser hatten sich verlaufen; der Hochwald dampfte, und im Thale unten wogte zwischen dem Gesträuch das saftige Gras hoch wie ein Ãhrenfeld. Die Pferde wurden aus den Gebäuden gelassen, um sich an diesem Grün zu laben, denn von einem Aufbruche konnte jetzt noch keine Rede sein, da die Tiere sich nach dem nächtlichen Parforceritte ausruhen muÃten und man jetzt auch noch gar nicht wuÃte, wohin man sich zu wenden hatte. Dieses letztere muÃte erst noch besprochen werden.
Die Männer nahmen von den mitgebrachten Vorräten ein Frühstück, um sich nach demselben zur notwendigen Beratung zusammenzusetzen. Dabei war zu bemerken, daà Lieutenant Verano dem alten Anciano eine mehr als gewöhnliche Aufmerksamkeit schenkte. Seine Blicke kehrten wieder und immer wieder zu diesem zurück, so daà der Indianer, welcher dies gar wohl bemerkte, endlich fragte:
»Sie betrachten mich fortwährend, Señor. Hat dies einen besondern Grund?«
»Ja,« antwortete der Offizier.
»Darf ich erfahren, welchen? Komme ich Ihnen vielleicht bekannt vor? Hätten Sie mich schon einmal gesehen?«
»Sie wohl nicht. Meine Aufmerksamkeit gilt nur Ihrem langen, weiÃen Haare, welches mich an einen Skalp erinnert, den ich einmal gesehen habe.«
»Skalp? Was ist das?«
»Die Indianer Nordamerikas haben die Gewohnheit, ihren getöteten Feinden die Kopfhaut abzuziehen und als Zeichen des Sieges und der Tapferkeit aufzubewahren. Eine solche Haut wird Skalp genannt. Es ist ganz dasselbe, was wir spanisch sprechenden Leute mit Piel del cráneo bezeichnen.«
An welcher Beziehung stehe denn ich mit dieser Kopfhaut?«
»Es ist eine Ãhnlichkeit. Der Skalp, von welchem ich spreche, hatte ein ebenso langes und dichtes weiÃes Haar, wie Sie tragen.«
Anciano horchte auf. Seine Züge nahmen den Ausdruck der Spannung an, als er fragte:
»Ein ebensolches Haar? Das wäre doch höchst merkwürdig! Ich glaube nicht, daà ein WeiÃer sein Haar in meiner Weise trägt.«
»Ich habe das allerdings auch noch nie gesehen. Ãbrigens hatte die Kopfhaut einem Indianer angehört.«
»Wohl einem nordamerikanischen?«
»Nein, sondern einem hiesigen.«
»Von welchem Stamme war er?«
»Das weià ich nicht. Ich fragte zwar danach, doch gab mir der Besitzer des Skalpes keine genügende Antwort.«
»Wo sahen Sie die Haut?«
»In Buenos Ayres.«
»Bei wem?«
»Bei dem Stierkämpfer Antonio Perillo. Ich war einmal mit einem Freunde bei ihm. Er hatte sein Zimmer mit allerlei Trophäen ausgeschmückt, unter denen sich diese Haut befand.«
»Antonio Perillo, der Espada! Er ist es ja, mit dem wir wahrscheinlich zusammenstoÃen werden! Man sagt, daà er wiederholt im Westen gewesen sei. Hat er Ihnen mitgeteilt, auf welche Weise er zu dieser Haut gekommen ist?«
»Ja. Er hat mit einem Indianer auf Leben und Tod gekämpft und ihn besiegt. Als Andenken an diesen schweren, lebensgefährlichen Kampf hat er den Skalp seines Feindes mitgenommen.«
»Wo hat dieser Kampf stattgefunden? Sagen Sie schnell, wo!« bat Anciano im Tone auÃerordentlicher Erregung.
»In der südlichen Pampa. Das war alles, was ich erfahren konnte.«
»Da unten? Da ist es freilich anders, als ich dachte.«
Er atmete bei diesen Worten hörbar und wie erleichtert auf. Sein Gesicht nahm wieder den Ausdruck der Gleichgültigkeit an, veränderte sich aber sofort wieder, als der Lieutenant bemerkte:
»Das Haar war wirklich prächtig, schöner noch als das Ihrige. Es wurde von einer
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