Das Tor 2: Das Portal Nach Xibalbá by Brandon Q. Morris

Autor:Brandon Q. Morris [Morris, Brandon Q.]
Die sprache: deu
Format: epub
Barnesnoble:
Herausgeber: Rubikon Verlag e.K.
veröffentlicht: 2024-05-14T22:00:00+00:00

Als der Himmel wieder seinen alten Rotton angenommen hat, besucht ihn die Motte erneut. Diego ist beinahe sicher, dass es sich von Anfang an um dasselbe Exemplar handelt. Vielleicht verdankt er ihr, dass er noch lebt. Entweder, die Motte war einfach neugierig darauf, worum es sich bei diesem seltsamen Vierbeiner handelt, der so gar nicht auf diese Welt passt, oder es gibt eine Art Empathie, die weltenübergreifend funktioniert.

»II I II«, sagt das Wesen.

Hat er sich gerade verhört? Diese Töne kamen nicht aus dem Ballon, sondern ganz eindeutig aus dem Bauch des Wesens. Diego macht große Augen, kann aber wegen der Schutzhülle nicht antworten. Die Motte krabbelt zu seinem Kopf und berührt mit einem Flügelende seine Stirn. Die frische Luft, die an seine Haut dringt, verrät ihm, dass sich die Hülle geöffnet hat. Uff. Was für ein Ausflug! Die Motte führt ihren Flügel weiter über seinen Körper, bis ganz nach unten. Diego schält sich heraus. Schnell greift er nach seinem Taucheranzug, um seine Nacktheit zu verbergen. Dabei berührt er seine Haut. Sie ist so glatt wie noch nie. Das seltsame Material hat alle Haare … weggeätzt? Gefressen?

»II I II«, sagt er.

»II I II.«

»II I II III III I«, versucht es Diego. Vielleicht kann er irgendwelche Regeln erkennen?

»II I.«

»II I II III III I I II II I III.«

Plötzlich dreht sich die Motte um ihre Achse und schüttelt den Kopf. Bedeutet das Heiterkeit, Ärger oder Erstaunen? Diego hat keine Chance, Schlüsse zu ziehen. Die Wesen haben zwar jede Menge Augen, aber kein Gesicht. Und wenn er den Versuch einfach wiederholt?

»II I II III III I I II II I III«, quietscht er, so hoch er kann. »Tut mir leid, näher komme ich an deine Tonhöhe nicht heran.«

»Tit mir lied«, antwortet die Motte.

Sie kann sogar Konsonanten aussprechen! Wie macht sie das bloß?

»Tut mir leid. Tut mir leid. Tut mir leid«, gibt er vor und beobachtet den Körper der Motte dabei so genau wie möglich.

»Tit mir lied. Tit mir lied. Tit mir lied.«

Beim T und beim D, die sich gleich anhören, scheint etwas aus ihrem Inneren gegen den Bauch zu stoßen. Beim M entsteht eine Falte, in der sich die Hautschichten gegeneinander reiben, ebenso beim L, nur dass dort die Falte deutlich länger ist. Das R schließlich klingt eher wie ein A, aber mit großer Tonhöhe.

»Mama. Oma. Uropa.«

»Mimi. Imi. Urimi.«

Das ist spannend. Die Motte kennt anscheinend keinen Weg, um andere Vokale zu erzeugen. Aber sie scheint auch Muster erkennen zu können, lauter M in diesem Fall, und macht deshalb aus dem P ein M – wenn er das richtig interpretiert.

»Ich«, sagt Diego und zeigt auf sich.

Die Motte schreckt zurück und erzeugt dabei einen Zischlaut. Das Ch am Ende von »Ich« scheint hier eine bedrohliche Bedeutung zu haben.

»Diego«, sagt er und deutet wieder auf sich selbst.

»Timi«, antwortet die Motte.

Das ist nicht ganz sein Name, aber offenbar kann sie nur harte T-Laute aussprechen und findet für das G keinen Weg.

»Timi«, wiederholt er.

»Timi.«

»Timi.«

»Timi.« Diego deutet auf sich.

»Und du?« Jetzt zeigt er auf die Motte.

»It ti«, sagt sie.

Nein, das ist sicher nicht ihr Name.

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