Das Siechenhaus by Astrid Fritz

Das Siechenhaus by Astrid Fritz

Autor:Astrid Fritz [Fritz, Astrid]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Historischer Roman
ISBN: 9783644538719
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2015-12-13T23:00:00+00:00


Kapitel 16

Selbstredend ließ Serafina es sich nicht nehmen, Gisla zu begleiten – trotz Catharinas Verbot. Es tat ihr leid, gegen den Willen der Meisterin zu handeln, aber ihr Wunsch, den Stadtarzt wiederzusehen, war stärker.

«Wie geht es ihm?», fragte sie die Magd, die ihnen erst nach mehrmaligem Klopfen öffnete. Irmla sah blass aus, hatte tiefe Schatten unter den Augen. Serafina konnte sich gut vorstellen, dass Achaz’ treue Seele Tag und Nacht an seiner Seite wachte.

«Gütiger Himmel, es steht schlimm um ihn. Er kann sich meinen Namen nicht merken oder hält mich gar für seine Mutter, vergisst manchmal alles, was er zuvor gesagt hat oder tun wollte, und hat sich ganz seltsame Dinge angewöhnt.»

«Seltsame Dinge?», fragte die Kräuterfrau lauernd.

«Na ja, er will ständig, dass ich ihm Hände und Gesicht wasche, oder er verlangt nach süßen Kuchen, die er früher verabscheut hat. Nichts andres als süßen Kuchen will er essen und dazu Burgunderwein, stellt Euch das mal vor – noch obendrein jetzt zur Fastenzeit! Dann wieder hält er mir lange Vorträge über die Sternenkunde und den Säftehaushalt des Menschen oder liest stundenlang in seinen lateinischen Schriften. So ganz dumm im Kopf kann er also nicht sein.»

Gisla nickte. «Genauso dachte ich mir’s. Kommt er denn langsam zu Kräften?»

«Das schon. Am liebsten würd er den ganzen Tag im Haus herumwandern, aber das verbiet ich ihm. Er braucht doch Bettruhe.»

«Nicht unbedingt. Lasst ihn tun, was er will, aber habt immer ein Aug auf ihn.»

Serafina spürte, wie sie ungeduldig wurde. «Können wir hinauf?»

«Aber ja.»

Ihr Herz klopfte heftig, als sie hinter der Magd die Schlafkammer betrat. Achaz saß angekleidet auf einem Lehnstuhl mit Armlehnen, den Irmla wohl heraufgeschleppt hatte, und blätterte in einem Buch. Um den Kopf trug er einen frischen Verband, sein linker Arm war noch immer vor die Brust gebunden.

«Grüß Euch Gott, Adalbert Achaz.» Sie spürte, dass ihre Stimme belegt war, und räusperte sich. «Geht es Euch ein wenig besser?»

Er sah auf, und ein Leuchten ging über sein Gesicht. «Ach, die schöne Frau von gestern – was für eine Überraschung! Das freut mich sehr.»

«Dann wisst Ihr, dass ich gestern Morgen hier war?»

«Natürlich. Wie sollte ich das vergessen?»

Er klappte das Buch zu und ließ es achtlos zu Boden fallen.

«Mit meiner Lektüre kann ich auch später fortfahren. Mutter, bringst du unseren Gästen ein Krüglein Wein?»

«Ich heiße Irmla und bin Eure Magd. Und zur Fastenzeit gibt es allenfalls Starkbier. Wie oft soll ich Euch das noch sagen, Medicus.»

Er runzelte die Stirn. «Richtig. Meine Mutter ist ja längst tot – Gott hab sie selig. So setzt Euch doch, junge Frau.»

Er wies auf das Bett, das ordentlich gemacht war.

«Vielleicht sollten wir besser in der Küche sitzen», wandte Gisla ein.

Achaz starrte sie an. Dann fragte er Serafina in vertraulichem Flüsterton: «Wer ist diese alte Frau mit dem Körbchen im Arm?»

«Die Kräuterfrau Gisla, Ihr kennt sie. Sie bringt Euch heilsame Kräuter.»

«Nein, da irrt Ihr Euch, ich hab sie nie zuvor gesehen. Aber ganz gleich, ich freue mich über jeden Besuch. Es ist recht langweilig, wenn man sich das Bein ausgerenkt hat.»

«Den Arm, Medicus, den Arm.



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