Das Puppenzimmer - Roman by Maja Ilisch

Das Puppenzimmer - Roman by Maja Ilisch

Autor:Maja Ilisch
Die sprache: deu
Format: mobi, epub
Tags: Fantasy, Feen, Historisch, Gaslight
ISBN: 9783955203801
Herausgeber: Divinity Sky Publications
veröffentlicht: 2013-06-08T22:00:00+00:00


Ehe ich die Tür zur Küche aufstieß, fühlte ich einen Moment lang wieder diese Angst. Was, wenn mein Erwachen hier unten seine Fortsetzung nahm und ich anstelle der Köchin oder ihrer Mädchen irgendetwas anderes zu sehen bekam? Ich schüttelte den Kopf. So durfte ich nicht denken, sonst konnte ich mir gleich einen Strick nehmen.

Vielleicht hätte ich doch noch einmal nach den Puppen sehen sollen. Blanche konnte recht damit haben, dass die Wirkung des Staubes auch wieder verfliegen könne, ohne dass ich endgültig erwachen musste … Aber ich traute mich nicht. Noch nicht. Und als ich die Köchin durch die Tür hindurch keifen hörte, nickte ich mir selbst aufmunternd zu und trat ein.

»Einen Löffel Senf hab ich gesagt!«, fauchte Mrs. Doyle die arme Evelyn an. »Kein halbes Pfund!« Die Kopfnuss für das Mädchen war so heftig, dass ich sie hören konnte, und schon vor lauter Mitleid bekam ich Kopfschmerzen, aber dann war ich an der Reihe. »Was suchst du denn hier?«

»Ich will mithelfen«, antwortete ich mit dümmlichem Augenaufschlag. »Ich ertrage es nicht, wenn ich nichts zu tun habe.«

»Ha!«, machte Mrs. Doyle. »Ha! Das hast du dir so gedacht, was? Wochenlang bekommen wir deine vorwitzige Nase nicht zu Gesicht, und jetzt tauchst du plötzlich auf und denkst, du kannst hier alles durcheinanderbringen, was? Na, deinen feinen Schatz haben sie ja schon aus dem Haus gejagt, und du kommst auch bald dran!«

Es versetzte mir einen Stich, wie sie von Alan sprach, aber ich musste auf so etwas gefasst sein. Das war ja nicht mein erster Zusammenstoß mit einer Köchin. »Ja, Ma’am«, sagte ich artig. »Und nein, Ma’am. Ich weiß, dass Lucy viel von Alans Arbeit hat übernehmen müssen, und darum bin ich jetzt hier, um ihr zu helfen. Alles andere wäre nicht gerecht, oder?«

»Ach was?«, schnaubte die Köchin. »Von mir aus kannst du Pfannen schrubben, bis deine feinen Fingerchen bluten, aber dass du mir die Lucy nicht von der Arbeit abhältst!«

»Auf keinen Fall, Ma’am«, sagte ich, und hinter ihrem Rücken zwinkerte ich Lucy zu, die in ihrer Ecke saß, über ihren Scheuerzuber gebeugt, und sich kaum traute, auch nur meinen Blick zu erwidern. Es kam mir vor, als ob sie noch schmaler geworden war, seit ich sie das letzte Mal gesehen hatte, und blass um die Nase. Aber davon abgesehen waren alle drei Personen im Raum ganz normale Menschen, sonst nichts, und ich freute mich, sie alle wiederzusehen, sogar Mrs. Doyle, aber es war Lucys Anblick, bei dem mein Herz einen Hüpfer machte. Langsam gewöhnte ich mich daran, dass die Welt wieder war, was sie sein sollte, oder zumindest, wie ich sie gerne hatte.

»Mrs. Doyle?«, flüsterte Lucy heiser, als ich mich neben sie setzte. Sie roch nach Küche und Wärme und Mensch, und erst da fiel mir auf, dass Blanche nur nach Puder roch und Parfüm und sonst nach nichts. »Kann Florence … Kann Florence mir mit dem Eimer helfen, und ich trage die Abfälle raus? Mein Wasser ist sowieso kalt geworden, und bis das neue heiß ist, kann ich nicht viel machen.«

Prompt fing sie sich eine Backpfeife ein.



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