Das Parlament der Toten by Paul Harding

Das Parlament der Toten by Paul Harding

Autor:Paul Harding [Paul Harding]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: _Krimi-Thriller, England, Histo-1
Herausgeber: eBookCreatorNet
veröffentlicht: 2010-01-02T03:00:01+00:00


8

Während Athelstan das Feuer im Herd seines kleinen Priesterhauses anfachte, eilte Sir Francis Hamett durch das menschenleere Vestibül zum Kapitelhaus der Westminster Abbey. Er war gereizt, weil Wachsoldaten und Bogenschützen ihn immer wieder anhielten. Aber als er erst durch die Absperrungen auf das Abteigelände gelangt war, wich sein Ärger einer wohligen Genugtuung darüber, daß er dem so schwer faßbaren Perline Brasenose bald begegnen würde. Vor der Treppe, die ins Kapitelhaus führte, hielt Hamett inne; dann bog er nach rechts und ging die lange Treppe zur Monstranzkammer hinunter. Unten angekommen, drückte er vorsichtig die eisenbeschlagene Tür auf. Dahinter lag eine Gewölbekammer mit kahlen Steinwänden, eigentlich nicht mehr als ein großer Kellerraum, trocken und sauber. Zwei brennende Fackeln steckten in Haltern an der Wand.

»Perline?« flüsterte Hamett. Seine Stirn war mißvergnügt gerunzelt. »Wo in Gottes Namen steckst du?« zischte er, aber seine Worte hallten ungehört durch die leere Kammer.

Hamett seufzte verdrossen und wischte sich mit dem Mantelsaum das Gesicht ab. Er setzte sich auf einen Steinsockel am anderen Ende der Kammer. Vielleicht war der Soldat woanders hingegangen? Wenn er wiederkäme, würde er Brasenose ordentlich die Leviten lesen. Über ihm begannen die Abteiglocken zur Vesper zu läuten. Obwohl die Wände dick waren, hörte Hamett das Fußgetrappel der Mönche, die herunterkamen. Es wurde still, und dann hörte er von fern, wie der Chor anfing zu singen.

»Exsurge, Domine, exsurge et vindica causam meam erhebe Dich, o Herr, erhebe Dich und sitze zu Gericht über meine Sache.«

Hamett hörte diese Worte und lächelte matt. Hatte Gott sich erhoben, um über ihn und die anderen zu Gericht zu sitzen? Plötzlich war er müde; er lehnte sich an die Wand und starrte in die Dunkelheit. So vieles war schiefgegangen. Vor zwanzig, dreißig Jahren, da waren er und die anderen junge Paladine gewesen, die geistigen Nachfolger Artus’ und seiner Ritter. Sie hatten sogar einen Chronisten in seinem Kloster dafür bezahlt, daß er nachwies, wie Artus seine Burg in Shropshire erbaut hatte. Und hieß es nicht, daß seine Gemahlin Ginover im Kloster der Weißen Damen begraben lag, unter den Eichen bei Boscobel? Die Ritter vom Schwan hatten ihre Tafelrunde in Lilleshall Abbey abgehalten. In leuchtenden Farben und unter dem schrillen Schmettern silberner Trompeten hatten sie Reiterspiele und Turniere veranstaltet. Und dann hatten sie den Kelch gefunden. Anfangs war Sir Edmund Malmesbury mißtrauisch gewesen. Er hatte sich lustig gemacht über den Reliquienhändler, der ihnen das Stück angeboten hatte. Sir Henry Swynford aber war damit zu einem gelehrten Mönch gegangen, und der hatte erklärt, der Zedemholzkelch sei in der Tat sehr alt und könne durchaus jener Gral sein, nach dem König Artus und seine Ritter gesucht hatten. Oh, wie waren sie entzückt gewesen!

Hamett streckte die Beine aus, um seine verkrampften Muskeln zu lockern. Im großen Refektorium von Lilleshall waren sie zusammengekommen und hatten sich um die Tafel gesetzt; der Kelch hatte auf einem Sockel gestanden, bedeckt mit einem purpurnen Damasttuch. Nacheinander hatte jeder Ritter das Privileg gehabt, ihn einen Monat lang zu besitzen, aber dann war er verschwunden. Eines Abends, als sie in der



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