Das Lied der Tausend Stiere by Yaşar Kemal

Das Lied der Tausend Stiere by Yaşar Kemal

Autor:Yaşar Kemal [Kemal, Yaşar]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Geschichte, Nomaden, Türkei, Yashar Kemal
Herausgeber: Unionsverlag
veröffentlicht: 2015-11-21T16:00:00+00:00


16

Kerem hatte im Dorf Yalnizagaç Unterschlupf gefunden. Er hatte mit Sadi Demirtok, dem Dorfschmied, Bekanntschaft geschlossen. Tagelang sah er ihm bei der Arbeit zu. Sadi Demirtok schmiedete Eisen, machte daraus Pflugscharen, formte Ersatzteile für Traktoren, reparierte Lastwagen, Dresch- und Erntemaschinen. Allmählich fühlte Kerem in sich die Leidenschaft zur Schmiedekunst erwachen. Er kam jeden Morgen in die Werkstatt und verbrachte den ganzen Tag damit, ihm bei der Arbeit zuzusehen, ohne sich von der Stelle zu rühren. Sadi Demirtok fragte ihn kein einziges Mal nach seinem Namen, seiner Herkunft, seinem Ziel. Kerem hätte es nicht besser treffen können. Auch die Bauern waren nicht überrascht über die Anwesenheit dieses Knaben in der Schmiede, sie fragten ihn nicht einmal nach seinem Namen. Sie glaubten, er sei ganz einfach der neue Lehrling des Schmieds.

Das ganze Dorf hallte vom Klang der Rohrflöten. Jedes Kind hatte eine, lang oder kurz, mit oder ohne Zunge, und spielte unablässig darauf, vom Morgen bis zum Abend. Alle, Mädchen und Knaben. Kerem brachte Hasan und seinen anderen neugewonnenen Freunden das Flötenspiel bei. Und sie wiederum lehrten ihn die Lieder der Ebene. Und Wie viel davon diese Bauern kannten! Auch Klagelieder! Kerem war voller Bewunderung. Die Kinder erzählten niemandem, dass Kerem Nomade war. Dieses Geheimnis hüteten sie wie etwas Heiliges vor allen Erwachsenen, sie schlossen eine Mauer des Schweigens um Kerem. Den wahren Grund, warum er ins Dorf gekommen war, verriet Kerem aber nur Hasan. Er wusste, ihm konnte man vertrauen. Hasan war ehrlich und mutig, und er konnte Kerem helfen.

»Den Falken zu stehlen wäre einfach«, erklärte Hasan. »Aber dieser Korporal ist ein fürchterlicher Angsthase. Er macht nachts kein Auge zu, sondern liegt auf der Wache, den Finger am Abzug. Er hat so viele Leute verprügelt, und außerdem steckt er mit den Schmugglern unter einer Decke. Wenn sie ihm seinen Anteil nicht zahlen wollen, dann lässt er auf sie schießen. Darum wollen ihn auch die Schmuggler töten. Er macht deshalb fast in die Hosen vor Angst. Wie sollen wir es anstellen, den Falken zu stehlen? Warte mal, wir wollen überlegen.«

Seit Tagen zerbrachen sich Hasan und Kerem den Kopf, um einen Weg zu finden. Sie überlegten vergebens, der rettende Einfall kam ihnen nicht.

Kerem schlief in einer Hütte in Muslus Gemüsegarten. Die Hütte war so solide wie ein richtiges Haus und ließ den Regen nicht durch. Die Kinder schleppten haufenweise Lebensmittel heran: Eier, Käse und anderes mehr. Kerem schnitzte ihnen Flöten. Als die Eltern ihre Kinder fragten, woher sie sie hätten, antworteten sie alle: »Hasan hat sie gemacht.« Nicht ein einziger verschwatzte sich. Es war immer Hasan … »Hasan hat es von einem Zigeunerjungen gelernt. Er hat auch spielen gelernt, und wirklich gut. Er kann sogar singen auf der Flöte, wirklich.« Das stimmte. Hasan hatte in einigen Tagen das Spielen gelernt und konnte schon wie ein geübter Flötenspieler die verschiedensten Melodien pfeifen!

Hasan und Kerem machten sich große Sorgen um den Falken. Der Sohn des Gefreiten hatte ihn dreimal nacheinander ins Freie gebracht, war jedoch offensichtlich misstrauisch geworden und sperrte ihn seitdem ein. Er hieß



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