Das Leuchten der Orchideen by Morrissey Di

Das Leuchten der Orchideen by Morrissey Di

Autor:Morrissey, Di [Morrissey, Di]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783426413821
Herausgeber: Knaur eBook
veröffentlicht: 2013-10-21T04:00:00+00:00


Hier endeten Rolands Lebenserinnerungen. Julie klappte das Heft ihres Großvaters zu und legte es beiseite. Völlig benommen saß sie da. Am liebsten hätte sie gleich ihre Mutter angerufen und gesagt: »Mein Gott, Großtante Bette und dein Bruder Philip waren während des Krieges in einem japanischen Kriegsgefangenenlager, und wir haben nichts davon gewusst! Warum hat Großmutter nie etwas davon erwähnt?« Es schien ihr völlig unbegreiflich.

Wie sie feststellte, waren ihre beiden Cousins noch auf, tranken Brandy und sahen sich ein Fußballspiel im Satellitenfernsehen an.

»Hallo, wir dachten, du wärst schon schlafen gegangen«, sagte Shane.

»Stimmt was nicht?«, fragte Peter. »Möchtest du auch was trinken?«

»Sehr gern. Danke. Ich hab gerade Großvaters Erinnerungen gelesen und kann es einfach nicht fassen.«

»Mach doch bitte mal leiser, Shane«, sagte Peter und stand auf, um Julie einen Gin Tonic zu holen.

»Was hat dich denn so geschockt?«, wollte Shane wissen.

»Am Ende seiner Erinnerungen erzählt Großvater, dass euer Vater und Großtante Bette in einem Internierungslager waren. Meine Mutter und ich hatten davon nicht die leiseste Ahnung. Wie ist das gekommen? Was war passiert? Ich kapiere einfach nicht, warum meine Großmutter nie ein Sterbenswörtchen davon gesagt hat.«

Die beiden jungen Männer starrten sie verblüfft an. »Du meinst allen Ernstes, ihr wusstet nichts von dem, was damals geschehen ist? Dad hat uns durchaus davon erzählt, aber er sagte immer, er sei damals noch ein kleines Kind gewesen und könne sich nur an weniges erinnern«, sagte Shane.

»Im Grunde hat er auch nicht gern darüber geredet«, fügte Peter hinzu.

»Aber er war dort mit seiner Tante, nicht mit seiner Mutter. Wie kam das? Das scheint mir doch ziemlich merkwürdig. Und wie lang waren sie inhaftiert? Bestimmt Jahre! Unsere Großmutter hat erzählt, dass sie die Kriegszeit in Brisbane verbracht hat … während ihr Sohn und ihre Schwester in Gefangenschaft waren!« Julie schüttelte den Kopf. »Und wisst ihr, ich glaube, auch meine Mutter hat keine Ahnung von alldem. Warum nur? Warum hat unsere Großmutter das so lange geheim gehalten?«

»Ich denke, im Krieg ergab sich manches einfach so«, meinte Shane. »Großvater hat erzählt, wie er sich im Dschungel verstecken musste und wie verrückt diese Jahre unter der japanischen Besatzung gewesen waren. Nein, wenn ich es mir recht überlege, hat er eigentlich gar nichts über den Krieg erzählt. Das meiste haben wir aus seinen Erinnerungen erfahren.«

»Großvater war ein sehr beherrschter und bescheidener Mensch«, erinnerte sich Peter.

»Wenn wir genauer wissen wollten, was er im Krieg gemacht hatte, hat er immer nur Unverfängliches erzählt«, sagte Shane.

»Etwa, wie er und sein Freund Bill sich als Kulis verkleideten – solche Sachen. In seiner Rückschau klang es wie ein Abenteuer für große Jungs. Wir waren schon erwachsen, als uns klarwurde, wie mutig er in Wirklichkeit gewesen sein muss«, ergänzte Peter.

»Bei Großvaters Beerdigung traten viele Leute vor und lobten ihn für seine Tapferkeit. Aber er selbst hat seinen Beitrag im Krieg immer heruntergespielt«, meinte Shane. »Es war Bill, der die Grabrede hielt und sagte, Roland hätte viel mehr Anerkennung verdient für das, was er hinter den feindlichen Linien geleistet hatte.«

»Da es sich um Spionageaktionen handelte, wurden sie größtenteils geheim gehalten und erst Jahre später öffentlich gemacht«, wusste Peter.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.