Das Leben eines Landarbeiters by Franz Rehbein
Autor:Franz Rehbein [Rehbein, Franz]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Zeno.org
veröffentlicht: 2015-06-28T22:00:00+00:00
Drei Jahre Kavallerist
»Dragoner-Regiment 13« – so hatte man mich bei der Aushebung angeschnarrt. Bei dieser Truppe sollte ich nunmehr drei Jahre preußische Zucht und Ordnung kennen lernen.
Nun, ich hatte es nicht ungern gehört, daß ich Soldat werden mußte – wenigstens hatte ich das Kommißleben dann doch durchgemacht und »konnte mitreden«, wenn sich andere darüber unterhielten. Dümmer würde ich sicher nicht danach werden, wenn ich drei Jahre im bunten Rock abriß. Auch war es eine Abwechselung in dem ewigen Einerlei der ländlichen Arbeit, die ich nun schon jahrelang verrichtete, und schließlich: man wird auf dem platten Lande immer für etwas voller angesehen, wenn man Soldat war. Also: meinethalben!
Für die Kavallerie hatte ich mich schon seit jeher besonders interessiert, mehr wie für die »Sandhasen« oder »Kanonenstöpsel«. Ich dachte an all die Erzählungen, die ich in meiner Jugend über das Soldatenleben mit angehört hatte; versetzte mich in die Zeit zurück, wo ich zu Hause während der Herbstmanöver den einquartierten Soldaten nachgelaufen war und meine helle Freude an der schmetternden Militärmusik gehabt hatte. Wie schön mußte es doch sein: Reiten, Turnen und Fechten nach Belieben und mit Musik; gut Essen und Trinken, in feiner Uniform umherspazieren, dazu Geld wie Heu; im schlimmsten Falle mal ein bißchen Krieg, aus dem man natürlich ordengeschmückt wieder heimkehrt. Hieß es doch auch in einem »Mahnwort an die jungen Rekruten«, das man uns in die Hand drückte, also:
»Der Soldat trägt des Königs Rock; er wird dadurch gleichsam ein anderer Mensch. Sein Gang wird stolz und elastisch, seine Haltung edel und selbstbewußt. Durch Strapazen und den täglichen Dienst wird sein Körper abgehärtet und gestählt, deshalb erträgt er sie mit Freuden. Die militärische Disziplin lehrt ihn Order parieren, damit er gegebenenfalls selbst Befehle erteilen kann. Sein Ehrgefühl verfeinert sich. Nur in Waffen fühlt der[168] Mann sich stolz und frei, mit Wehr und Waffen verteidigt er auch, wenn's Gott befiehlt, die Ehre der Nation. Auf den Schultern des Soldaten ruht das Wohl und Wehe des gesamten Vaterlandes. Er ist es, der mit todesverachtendem Mute die Grenzen des Reichs, sowie Hab und Gut des Volkes schützt. Darum: Glücklich, wer berufen wird, unter die Fahne zu treten; die militärische Dienstzeit macht den Jüngling erst zum vollen Mann!«
Das klang ja wirklich nett. Also: Kopf hoch.
Das Regiment lag in Elsaß-Lothringen, in der berühmten Festung Metz. Ich würde also historischen Boden betreten, jenen Teil des Reichslandes, auf dem mehrere der wichtigsten und blutigsten Schlachten des Krieges von 1870/71 geschlagen worden waren. Ich bekam somit auch noch etwas von der Welt zu sehen. Und das besonders freute mich. In der Ostecke Deutschlands war ich geboren, an der Waterkant im Nordwesten hatte ich jetzt jahrelang gearbeitet, nun sollte ich die Südwestecke kennen lernen – das konnte keinen Schaden tun. Zweifellos war's besser, als wenn ich nie aus meinem hinterpommerschen Geburtsorte herausgekommen wäre.
Wohlgemut wanderte ich nach dem Flecken, der zugleich Eisenbahnstation ist. Hier erhob ich auf der Steuerkasse noch meine »Marschkompetenzen« in der imponierenden Höhe von 24 Groschen, und dann ging's nach dem Bahnhof. Dort warteten bereits eine Anzahl Rekruten aus anderen Dörfern auf den nächsten Zug.
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