Das Konzert by Hermann Bahr

Das Konzert by Hermann Bahr

Autor:Hermann Bahr
Format: epub
Tags: Komoedie
Herausgeber: Erich Reiss


(Vorhang.)

Dritter Akt.

Dasselbe Zimmer wie im zweiten Akt. Nur lehnt jetzt in der Ecke neben der Kredenz links ein schmales Feldbett, aber schon wieder zugeklappt. Früher Morgen, schöner Tag, helle Sonne.

Marie (auf dem Stuhl links vom Tisch, frühstückend; es ist für vier Personen gedeckt): Aber Frau Pollinger! Ich versteh' Sie gar nicht.

Frau Pollinger (hinter dem Tische stehend, klagend): Das geht einem doch zu Herzen, wenn so ein Mann gar keine Vernunft annehmen will!

Marie (vergnügt): Ja, mein Gott, die Männer!

Frau Pollinger: Die erste Zeit sagt man sich doch immer: No, bis er halt nur erst einmal ein bissel älter sein wird! Und wann's dann aber so weit is, is es noch ärger.

Marie: Ja, haben Sie denn noch nicht bemerkt –?

Frau Pollinger: Was denn?

Marie: Die Männer werden nämlich gar nicht älter.

Frau Pollinger (verwundert): Ja freilich?

Marie (lachend): Nein.

Frau Pollinger (rasch): Da sagens aber um Gottes willen nur meinem Mann nix davon! Wann er das noch hört! Das ist noch das einzige Glück, daß er 's Altwerden so fürcht't!

Marie: Nein, die Männer werden nicht älter, die Männer werden immer jünger, Frau Pollinger! Bis sie dann zuletzt, der eine ein bissel früher, der andere ein bissel später, so in der Mitte der Vierzig halt, wieder wie die Kinder sind! Ja, Frau Pollinger, unsere Kinder! Danach muß man sich richten, und wenn man es erst gewöhnt, ist es ganz schön.

Frau Pollinger (klagend): Wann er nur das verfluchte Saufen lassen konnt'! Das Saufen und das Wildern! Aber nein!

Marie: Der eine hat halt das und der andere das, aber lassen kann's keiner.

Frau Pollinger: Und mit jedem Jahr wird's nur ärger!

Marie (zustimmend, bestätigend): Mit jedem Jahr wird's noch ärger. Und deswegen, Frau Pollinger –

Frau Pollinger (gierig auf sie horchend): Ja?

Marie: Deswegen ist es not, daß die Frau dagegen mit jedem Jahr gescheiter wird.

Frau Pollinger (nachdenklich zustimmend): Das schon, das natürlich! Aber wenn ein so ein Mann das dann wenigstens anerkennen möcht'!

Marie: Das ist wahr. Aber anerkennen wollen sie uns nicht.

Frau Pollinger: Aber da liegt er dann und brummt das ganze Haus mit seiner Gicht voll und ich möcht' nur wissen, wozu hat man denn eigentlich einen Mann?

Marie: Weil er einen doch braucht! Dazu, Frau Pollinger, hat man ihn.

Frau Pollinger (kopfschüttelnd, mißvergnügt): Das is wenig.

Marie: Aber doch mehr, als wenn man keinen hätt'. Das wär' Ihnen auch nicht recht.

Frau Pollinger (erschreckt): Gar keinen? Nein, das wär' mir freilich nöt recht! Aber das muß ich schon offen sagen: einen anderen, wann ich einen haben könnt', gleich!

Marie: Aber einen anderen, den kriegt man nicht. Denn wenn man einen anderen kriegt, ist's auch wieder derselbe, glauben's mir!

Delfine (kommt durch die Tür links; verlegen grüßend, leise): Guten Morgen.

Marie: Guten Morgen. (Sieht Delfine lächelnd an.) Nun, ausgeschlafen? Die Männer sind schon längst davon.

Frau Pollinger (vor Delfine knixend, indem sie sich anschickt, nach der Kanne zu greifen): Darf ich einschenken?

Delfine (setzt sich auf den Stuhl vor dem Tisch; nickend): Bitte. Ich bin hungrig. (Verlegen) Ich frühstücke sonst immer im Bett.

Frau Pollinger (hat eingeschenkt, sich plötzlich erinnernd): Jessas und den Honig hab' ich ja ganz vergessen! (Geht zur mittleren Tür.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.