Das Herz der 6. Armee by Heinz G. Konsalik

Das Herz der 6. Armee by Heinz G. Konsalik

Autor:Heinz G. Konsalik [Konsalik, Heinz G.]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2010-09-28T04:00:00+00:00


Am Abend des 26. Dezember war Knösel reisebereit. Er hatte eine schöne Zeltplane organisiert und zwei starke Männer, die unter seiner Oberleitung Pastor Sanders zum nächsten Sammelplatz tragen sollten. Die Fahrt mit dem Lkw wollte Knösel dann allein fortsetzen. In Gumrak muß es was zu fressen geben, hatte er verkündet. Und Knösel kommt nicht ohne zurück!

Nun tappte er durch die Keller des Kinos und suchte Pastor Sanders. Das Kommen und Gehen des Nachschubs und der Verwundeten erschwerte das Suchen. Sanitätsfeldwebel Wallritz sah ratlos auf den Strohsack, auf dem Pastor Sanders noch vor vier Stunden gelegen hatte. Wallritz wußte es genau, er hatte Sanders neu verbunden und ihm als erstem Sulfonamidpuder auf die Wunde gestreut, Puder, der gerade mit den Medikamentenkisten angekommen war. Nun lag ein aschgrauer Unteroffizier auf dem Strohsack; das Bein war ihm weggerissen, und das Fleisch des Schenkels über dem Verband war rotschwarz. Wundbrand, dachte Wallritz. Hoffnungslos. Aber wo ist der Pastor?

Mit Knösel rannte er von Keller zu Keller. Sie riefen den Namen Sanders, sie gingen von Körper zu Körper. Pastor Sanders war nicht mehr da.

»Warten Sie hier, Knösel«, sagte Wallritz heiser. »Ich hole den Chef.«

Auch Dr. Portner, der sofort mit Pfarrer Webern in den großen Keller kam, konnte nur auf den Strohsack mit dem sterbenden Unteroffizier starren und die Schultern zucken. Pfarrer Webern umklammerte sein Brustkreuz.

»Ich habe so etwas geahnt«, sagte er leise. »Er wollte nicht weg …«

»Aber um Himmels willen, wo ist er denn hin?« schrie Dr. Portner. »Mit dieser Verwundung?!«

»In irgendeinem Keller … bei anderen Verwundeten, bei Sterbenden, bei auf den Tod Wartenden, neben einem MG …« Pfarrer Webern senkte den Kopf. »Ich gebe es zu … ich wäre auch nicht aus der Stadt gegangen.«

»Mein Gott … dieses Heldentum stinkt widerlich!« schrie Dr. Portner. »Können die Deutschen nicht aufhören, ein Volk von Selbstmördern zu sein unter der Maske des Heroischen?«

»Sie sehen es falsch, Doktor.« Pfarrer Webern tastete wieder nach seinem kleinen goldenen Brustkreuz. Auch ich brauche Kraft, dachte er. Mehr Kraft, als ihr alle ahnt. Ich habe Angst vor dem Tod, hündische Angst. Aber ich darf sie nicht zeigen … ich muß trösten und beten und Augen zudrücken und Gott um Gnade bitten. Auch für mich … Mein Gott, gib mir Kraft, immer wieder Kraft. Auch ich bin nur ein Mensch und habe wie sie alle Angst … »Gott hat mich hier hingestellt, und wo er mich hinführt, da bleibe ich, bis er mich weiterruft. Mein Platz ist dort, wo man beten will … ob in einem Granattrichter oder auf einem Kaminrest, im Eisengeflecht einer Betondecke oder in einer Kanalröhre oder hier, bei Ihnen, in der Unterwelt aus Blut und Eiter. Ich glaube, auch Sie verstehen Pastor Sanders …«

Dr. Portner gab darauf keine Antwort. Er wandte sich ab und stapfte in seinen Operationskeller zurück. Knösel stand mit hängender Pfeife neben Pfarrer Webern und saugte schmatzend am trockenen Mundstück.

»Wat denn nun?« fragte er.

»Fehlmeldung, Knösel.«

»Aba ick muß doch nach Gumrak. Alles is orjanisiert. Ne scheene Zeltplane … Pastor hin, Fressen zurück … so hab' ick mir det jedacht.



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