Das Haus der Sonnen: Roman (German Edition) by Alastair Reynolds & Norbert Stöbe
Autor:Alastair Reynolds & Norbert Stöbe [Reynolds, Alastair]
Die sprache: de
Format: mobi
Herausgeber: Heyne Verlag
veröffentlicht: 2009-10-02T04:00:00+00:00
Achtzehn
Betonie schenkte sich tiefschwarzen Kaffee ein und schüttelte mit aristokratischer Enttäuschung den Kopf. »Wie ich höre, ist euer kleines Spielchen missglückt. Ich wünschte, ich könnte sagen, das täte mich wundern.«
»Wir wissen nicht genug, um irgendwelche Schlüsse zu ziehen«, sagte ich. Es war Morgen, und der Himmel war mit Wolken gesprenkelt und wirkte winterlicher als zuvor. Es war, als hätte das Erscheinen des Geistes eine kalte neue Jahreszeit angekündigt. Die Fahnen an den Brücken und Gehwegen schienen über Nacht verblasst zu sein und wirkten trist und ausgewaschen.
»Wurde der Robot geheilt?«
»Nein, bislang nicht.«
»Auf der Beobachtungsplattform wurden keine Überreste gefunden. Der Geist hat ihn vernichtet; diese Möglichkeit konnten wir nie ganz ausschließen. Wie kannst du dann von Heilung sprechen, wenn es ihn nicht mehr gibt?«
»Es ist nicht sicher, dass es ihn nicht mehr gibt. Es gibt Belege dafür, dass der Geist Dinge vernichtet – oder sie mitnimmt – und später wieder freigibt.«
»Jedenfalls nichts Verlässliches.«
»Das passiert immer wieder.«
Campion ergriff das Wort. »Normalerweise verhält sich der Geist so, wenn es sich um eine komplexe Opfergabe handelt. Er gleicht einem Kind, das dem Reiz funkelnder, glänzender Spielzeuge erliegt. Allerdings ist er viel intelligenter als ein Kind – wahrscheinlich intelligenter als die meisten Wesen, denen wir bislang begegnet sind. Und es gibt nichts Ungewöhnlicheres und Komplexeres als eine andere Maschinenintelligenz.«
Betonie, der das Kinn auf die Hände gestützt hatte, musterte ihn aufmerksam. »Wann, glaubst du, wird Hesperus, auf magische Weise geheilt, demnach wieder zum Leben erwachen?«
»Wir erwarten gar nichts«, entgegnete Campion. »Wir wussten nur, dass unser Vorhaben keineswegs lächerlich war; dass gewisse Erfolgsaussichten bestanden. Hesperus hat das offenbar ähnlich gesehen, sonst hätte er uns nicht diesen Hinweis übermittelt.«
»Es könnte Tage oder auch Jahre dauern«, sagte ich, »doch ich glaube, er wird zurückkehren. Der Geist hat sich sein Wesen einverleibt, doch das bedeutet nicht, dass er nicht wiederhergestellt werden könnte. Der Geist hat ihn wie ein Puzzle auseinandergenommen, Stück für Stück, und er wird sich genau gemerkt haben, an welche Stelle jedes Teil gehört. Er weiß, wie das Ganze ausgesehen und was es bedeutet hat, bevor es zerstört wurde, und er kann es wieder neu zusammensetzen.«
»Nun, eine optimistische Sichtweise schadet nicht.«
»Das ist nicht optimistischer, als zu glauben, dass wir eine Zukunft haben«, erwiderte ich scharf. »Es mag dumm oder naiv sein, aber wenigstens gebe ich mich nicht der Illusion hin, es gäbe noch eine Familie Gentian und man könnte weitermachen wie bisher. Schau uns doch an – wir sitzen am Tisch, als wären wir eine große, glückliche Familie.«
»Wie ich sehe, hast du den Verlust deines Raumschiffs noch nicht verwunden, Portula. Ich hatte eigentlich gehofft, du würdest deine eigenen Probleme hintanstellen und dir Gedanken über unsere Verantwortlichkeiten machen.«
»Erzähl du mir nichts von Verantwortung, Betonie.«
Campion berührte mich an der Hand und hüstelte. »Hat sich während unserer Abwesenheit irgendetwas getan? Ich glaube, zuletzt hat Mezereum einen unserer Gefangenen umgebracht.«
»Die Stasiskammer hat ihn umgebracht, nicht ich«, erklärte Mezereum von der anderen Tischseite aus. Sie hielt ein Stück Brot in der Hand und biss so heftig hinein, dass mich die Befürchtung beschlich, sie könnte glauben, Campions Hals vor sich zu haben.
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