Das Geisterhaus by Isabel Allende
Autor:Isabel Allende [Allende, Isabel]
Die sprache: deu
Format: mobi, epub, azw3
veröffentlicht: 2012-04-20T16:57:42+00:00
Achtes Kapitel Der Graf
Dieser Zeitabschnitt wäre im Wust alter, undeutlicher Erinnerungen für immer untergegangen, wären nicht die Briefe gewesen, die Clara und Bianca sich schrieben. Durch diese umfängliche Korrespondenz blieben die Ereignisse aufbewahrt, entzogen der Nebelhaftigkeit unwahrscheinlicher Tatsachen. Vom ersten Brief an, den sie nach der Hochzeit von ihrer Tochter bekam, ahnte Clara, daß die Trennung von Bianca nicht von Dauer sein würde. Ohne es irgendwem zu sagen, richtete sie eines der sonnigsten und größten Zimmer im Haus für sie her und stellte dort die Messingwiege auf, in der sie ihre drei Kinder aufgezogen hatte.
Bianca konnte ihrer Mutter nie erklären, warum sie in die Heirat eingewilligt hatte, weil sie selbst die Gründe nicht kannte. Später, als reife Frau, kam sie beim Überdenken ihrer Vergangenheit zu dem Schluß, daß die Angst vor ihrem Vater die Hauptursache gewesen sei. Schon als Säugling hatte sie die irrationale Macht seines Zorns kennengelernt und sich angewöhnt zu gehorchen. Ihre Schwangerschaft und die Nachricht, Pedro Tercero sei tot, hatten dann den Ausschlag gegeben. Doch schon in dem Augenblick, in welchem sie in die Verbindung mit Jean de Satigny einwilligte, nahm sie sich vor, die Ehe niemals zu vollziehen. Sie würde Einwände aller Art erfinden, um den Beischlaf aufzuschieben, könnte als erstes die bei ihrem Zustand üblichen Beschwerden vorschieben und würde sich dann andere Gründe ausdenken. Sie war sicher, daß einen Mann wie den Grafen zu manipulieren, der Wildlederschuhe trug, sich die Nägel lackierte und bereit war, eine von einem anderen geschwängerte Frau zu heiraten, wesentlich leichter sein würde, als sich gegen einen Vater wie Esteban Trueba durchzusetzen. Sie wählte von zwei Übeln dasjenige, das ihr als das kleinere erschien. Sie war sich darüber im klaren, daß zwischen ihrem Vater und dem französischen Grafen eine geschäftliche Abmachung bestand, bei der sie nicht mitzureden hatte. Im Tausch gegen einen Namen für seinen Enkel gab Trueba Jean de Satigny eine saftige Mitgift und das Versprechen, er würde eines Tages ein Erbe antreten. Bianca gab sich für diesen Handel her, aber ihrem Mann ihre Liebe zu schenken oder ihm ihre Intimität auszuliefern, dazu war sie nicht bereit, weil sie immer noch Pedro Tercero García liebte, wenn auch vielleicht mehr durch die Macht der Gewohnheit als in der Hoffnung, ihn jemals wiederzusehen.
Bianca und ihr frischgebackener Ehemann verbrachten ihre erste Nacht im Brautzimmer des besten Hotels der Hauptstadt, das Trueba mit Blumen hatte vollstopfen lassen, damit seine Tochter ihm die Gewaltakte verzieh, mit denen er sie in den letzten Monaten gezüchtigt hatte. Zu ihrer Überraschung brauchte Bianca keine Migräne vorzutäuschen, denn kaum war sie mit Jean allein, verzichtete dieser auf die Rolle des verliebten Bräutigams, der ihr Küßchen auf den Hals gab und die schönsten Langusten für sie auswählte, um sie ihr häppchenweise in den Mund zu füttern, und schien das verführerische Benehmen eines Stummfilmhelden vergessen zu haben, um wieder ganz der Bruder zu werden, der er auf den Feldspaziergängen für sie gewesen war, wenn sie, den Fotoapparat und die französischen Bücher neben sich, im Grase vesperten. Jean verschwand im Bad und säumte darin so lange, daß Bianca halb eingeschlafen war, als er wieder im Zimmer erschien.
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