Das Geheimnis des Medaillons by Marie Louise Fischer

Das Geheimnis des Medaillons by Marie Louise Fischer

Autor:Marie Louise Fischer [Fischer, Marie Louise]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: SAGA Egmont
veröffentlicht: 2017-04-20T00:00:00+00:00


7

'Setzen Sie sich, Undine', sagte Direktor Mommert, 'ich habe mit Ihnen zu reden …' Seine Finger spielten nervös mit dem Brieföffner, der vor ihm auf dem Schreibtisch lag.

Undine setzte sich auf die vorderste Kante eines Sessels. Sie spürte ein dumpfes Unbehagen. Es war das erste Mal, daß er sie so förmlich behandelte, und das konnte nichts Gutes bedeuten. 'Wegen des Ozelots?' fragte sie leise.

'Ja, auch deswegen – aber nur am Rande. Es geht um etwas anderes.' Er legte den Brieföffner in die Bleistiftschale zurück.

Undine schwieg. Dann sagte sie zögernd: 'Ich weiß nicht … Ich lüge doch nicht.'

'Gewiß. Aber wenn es um Dinge geht, die Ihnen unangenehm sind, weichen Sie meist aus. Vielleicht haben Sie das selber noch gar nicht bemerkt.'

'Was wollen Sie mich fragen?'

Der Kurdirektor machte eine kleine Pause, dann fragte er: 'Haben Sie Feinde?'

Undine dachte nach. 'Vielleicht', sagte sie dann, 'Anna kann mich nicht sehr gut leiden …'

'Ach, ich denke nicht an unsere Köchin', antwortete der Kurdirektor ungeduldig, 'überhaupt nicht an die Menschen hier in Bad Wildenbrunn. Anscheinend habe ich meine Frage ungenau formuliert. Ich meine, haben Sie Feinde in Ihrer Heimat?'

Undine schwieg Dann sagte sie zögernd: 'Ich weiß nicht …'

'Aber das müssen Sie doch wissen!' Er machte eine Pause. Dann fuhr er fort: 'Also, dann packen wir die Sache eben anders an. Ich habe heute morgen einen Brief bekommen, einen sehr unangenehmen Brief, in dem allerhand merkwürdige Dinge über Sie zu lesen sind. Unterschrieben ist er nicht, kein Absender angegeben, Poststempel Bremen, können Sie sich vorstellen, wem Sie das zu verdanken haben?'

'Was steht da über mich?' Undine war blaß geworden bis an die Lippen. Er reichte ihr wortlos den anonymen Brief.

Sie las, und in ihrem Gesicht zuckte kein Muskel.

'Nun, was haben Sie dazu zu sagen?' Er wehrte ab, als sie ihm den Brief zurückgeben wollte. 'Sie können ihn behalten, er geht Sie schließlich am meisten an.'

Sie schluckte. 'Der Hexenbanner – so niederträchtig kann nur er sein', sagte sie.

'Wer? Von wem sprechen Sie?'

Sie lächelte verzerrt. 'Vielleicht wissen Sie nicht, was ein Hexenbanner ist. Das ist einer, der die Hexe findet, die schuld daran ist, wenn irgendwo eine Kuh verkalbt oder die Milch sauer wird – er findet die Hexe, und dann quält er sie, und dafür wird er gut bezahlt.'

Herr Mommert konnte nicht länger Platz behalten. 'Das ist doch Unsinn', rief er aufspringend, 'entsetzlicher Unsinn! Und daran glauben irgendwelche Menschen? Sie selber vielleicht auch?'

'Ich?' Undines Blick blieb leer. 'Ich weiß nicht, was ich glauben soll, weil man mich schon als Kind eine Hexe nannte.'



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