Das Floriansprinzip by Rebecca Gablé

Das Floriansprinzip by Rebecca Gablé

Autor:Rebecca Gablé [Gablé, Rebecca]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2016-08-05T00:00:00+00:00


Sie hatten ihren Kreislauf stabilisiert und sie weggekarrt. Sobald sie die akute Krise im Griff hatten und Zeit fanden, mich zur Kenntnis zu nehmen, warfen sie mich raus. Ich protestierte nicht. Ich wollte nicht stören oder im Weg rumstehen, ich kann auch nicht in Ruhe arbeiten, wenn mir einer über die Schulter guckt. Folgsam ging ich den Gang zur Aufnahme runter, und es fühlte sich an, als laufe ich auf einer dicken Schicht aus Sägespänen. Es war, als würden meine Füße bei jedem Schritt versinken, ich kam kaum von der Stelle. Eine Mutter der Nation in Schwesterntracht saß an der Anmeldung. Ich trat an den Schalter.

»Ich hab meine Freundin hergebracht. Man hat mir gesagt, Sie brauchen ein paar Angaben.«

Sie nickte, und ihre Hände gingen über der Computertastatur in Stellung. Ich beantwortete ungefähr zweihundert Fragen, und wenn ich die Antworten nicht wusste (wie etwa, wann ihr Vater geboren oder seit wann sie Mitglied ihrer Krankenversicherung war), dann erfand ich irgendwas. Ich wollte um jeden Preis verhindern, dass hier irgendwie Sand ins Getriebe kam.

»Das war schon alles«, sagte sie tröstend und nickte nach links. »Da ist ein Warteraum. Den Gang runter steht ein Getränkeautomat.«

»Danke.«

Im Warteraum traf ich auf Tom. Niemand sonst war dort. Das Licht war hier gedämpfter, eine nächtliche, irgendwie tote Stille lag bleischwer auf den Plastikmöbeln. Karierte Stofftischdecken mit Brandlöchern bedeckten die niedrigen Tische. Trostlos. Dabei brauchten doch sicher alle, die sich hier die Zeit vertrieben, dringend Trost.

Tom kam langsam auf die Füße. »Und?«

»Ich weiß nicht.«

»Kann ich irgendwas tun?«

Ich schüttelte den Kopf.

»Okay.« Er zögerte noch einen Moment, dann ging er zur Tür. »Ich bring den Wagen zurück. Wenn du mich brauchst, du weißt, wo du mich findest.«

Er verschwand, ohne auf eine Antwort zu warten.

Ich geisterte wie eine verlorene Seele durch das nächtliche Krankenhaus, trank einen Kaffee, fand ein Kartentelefon und rief Ferwerda an. Inzwischen war es ungefähr eins, aber er meldete sich nach dem ersten Klingeln.

»Ja!« Es klang nicht verschlafen.

»Ich bin’s. Sie ist wieder da.«

Er atmete tief durch. »Gut gemacht, Malecki. Was immer Sie angestellt haben, um das zuwege zu bringen, meinen Segen haben Sie.«

»Ich scheiß auf Ihren Segen.«

»Als ob ich das nicht wüsste.«

»Hören Sie: Ich hab sie in die Uniklinik gebracht. Sie ist todkrank. Sie hat irgendein verfluchtes Gift im Körper und …«

»O mein Gott.« Er war wirklich erschüttert. »Ich komme sofort.«

»Um was zu tun? Ihr die Hand aufzulegen? Bleiben Sie bloß zu Hause. Aber wenn unter Ihren einflussreichen Freunden zufällig einer ist, der hier die Hebel bewegt, dann rufen Sie ihn an. Sie braucht die besten Spezialisten, die zu kriegen sind.«

Er dachte kurz nach. »Ja. Sie haben recht. Ich tu es sofort.«

»Und halten Sie mir ja die Bullen vom Leib.«

»Natürlich.«

Ich hängte ein, lehnte mich neben dem Telefon an die Wand, rauchte und wartete.



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