Das Farnese-Komplott - Kriminalroman by Barbara Wenz

Autor:Barbara Wenz [Wenz, Barbara]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783863584467
Herausgeber: emons Verlag
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00

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Manoppello, Abruzzen, Mai bis Juni 1527

Caterina verließ noch in der Nacht nach dem Gespräch mit Kardinal Orsini Rom, ohne eine Nachricht für die Diener oder sonst jemanden zu hinterlassen. Seit Giovanni gefallen war, gab es niemanden mehr, aus dem sie sich etwas gemacht hätte. Doch nach über einer Woche im Hochgebirge, auf einem zähen, aber bisweilen sturen Maulesel und unter wechselhaften Wetterbedingungen war sie am Ende ihrer Kräfte. Nicht immer hatte sie eine Herberge gefunden, hin und wieder unter freiem Himmel geschlafen. Frühmorgens blies der Wind eisig; wenn es nicht regnete, brannte die Sonne erbarmungslos auf die Reisende nieder. In den letzten beiden Tagen merkte sie, dass sie fieberte, dazu kamen Schüttelfrost, Schmerzen in der Brust und ein bellender Husten.

Caterina konnte sich kaum noch auf dem Maulesel halten, und sie wusste immer noch nicht genau, wohin in Manoppello. Die Entscheidung nahm ihr schließlich ihr treues Tragetier ab, indem es schnurstracks durch das Stadttor über den Hauptplatz trottete und stur vor dem Kirchlein der Santissima Annunziata mit dem angegliederten Klarissinnenkonvent stehen blieb. Bevor sie halb ohnmächtig vom Rücken des Maulesels gleiten konnte, öffnete eine junge Schwester in einem bescheidenen Kittel als Habit die Pforte und ließ sie – im Namen des barmherzigen Gottes – ein.

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Wenige Tage nach Caterinas dramatischer Ankunft bei den sechs Klarissinnen des Konventes stürmten die deutschen Landsknechte und spanischen Söldner unter Führung des Herzogs von Bourbon das ewige Rom. Der 6. Mai 1527 ging in die Chronik der Stadt als Jahrhundertkatastrophe ein; der Herzog fiel noch am selben Tag.

Die Nachrichten über das Schicksal von Rom und seinen Bewohnern, die im Konvent eintrafen, waren zwar spärlich, doch grauenerregend. Bei der Einnahme des Borgo Vaticano fiel fast die gesamte Schweizergarde, die den Invasoren bis zuletzt erbitterten und todesmutigen Widerstand geleistet hatte. Der Heilige Vater konnte sich in letzter Minute, zusammen mit Teilen des Klerus, Kardinälen, Prälaten und des Kirchenadels in die Engelsburg hinüberretten und verschanzen. Die Blutrünstigkeit und Beutegier der Eroberer kannte keine Grenzen. Auf den Straßen und Plätzen türmten sich verstümmelte Leichen von Alten, Frauen und Kindern, in den Gassen gerann das Blut ihrer Leiber in riesigen Pfützen, an denen sich Katzen und Ratten gütlich taten. Ganze Hunderudel stritten sich wütend um Beine, Arme oder Köpfe von Erschlagenen und Niedergehauenen, über allem standen Wolken von Fliegen. Doch die schrecklichsten Qualen mussten die Frauen erdulden. In den ersten Tagen griffen sich die entfesselten Söldner jede, die sie erwischen konnten, und vergewaltigten sie zu fünft, zu zehnt oder zu zwanzigst an Ort und Stelle, bevor sie ihnen den Unterleib aufschlitzten oder den Kopf abschlugen. Danach gingen sie dazu über, sich in den geplünderten Häusern, Villen und Palästen mit erbeuteten Frauen einzurichten und sie Tag und Nacht immer wieder und wieder zu schänden. Das Leid der römischen Frauen war grenzenlos, und ihre Schreie übertönten das Stöhnen der Sterbenden und Verletzten, hallten tage- und wochenlang in den Mauern Roms wider. Vermischt mit dem schwarzen Rauch der brennenden Kirchen und Wohnstätten stiegen sie zum unerbittlichen, wie mit Kobalt versiegelten Himmel auf.

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