Das Enneagramm - Die neun Gesichter der Seele by Richard Rohr Andreas Ebert & Andreas Ebert

Autor:Richard Rohr Andreas Ebert & Andreas Ebert [Rohr, Richard; Ebert, Andreas]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Claudius Verlag in Evang Presseverband
veröffentlicht: 2014-05-22T04:00:00+00:00

Umkehr und Erlösung

Leider besitzen nur wenige Menschen ein gesundes Selbstvertrauen. Die Einladung an die SECHS heißt Glaube. Glaube im biblischen Sinne ist nicht in erster Linie ein Fürwahrhalten von irgendwelchen Behauptungen; es handelt sich vielmehr um eine Vertrauensbeziehung zwischen Mensch und Gott und zwischen Gott und Mensch. Gott glaubt an uns! Das ist die Grundlage, auf der wir an Gott glauben können, ohne dabei unsere Menschenwürde zu verlieren. Gott vertraut uns und hofft, dass wir das Kompliment erwidern. Weil Gott uns vertraut, können wir ein gesundes Selbstvertrauen entwickeln.

Nur wenige Menschen haben von Autoritätsfiguren die Erlaubnis bekommen, sich selbst zu vertrauen. Viel lauter und häufiger wurde gefordert: „Vertraue uns! Gehorche uns! Wir wissen, was für dich gut ist.“ Ich (Richard Rohr) kann mich noch gut an jenen Tag erinnern, als mir ein Priester erstmals erlaubt hat, meine eigene Autoritätsfigur und mein eigener „innerer Guru“ zu sein. Er hat mich gebeten: „Versprich mir, Richard, dass du dir immer selbst vertrauen wirst.“ Das war für mich als junger Mann ein heilsamer Schuss echter männlicher Energie.

Zu den Lebensaufgaben der SECHSer gehört es, zu lernen, sich von der ständigen Außenleitung durch Autoritäten zu lösen und stattdessen die Verantwortung für ihr Leben und ihre Gefühle selbst zu übernehmen. Vor allem müssen sie es wagen, ihrer Angst ins Auge zu sehen und sie beim Namen zu nennen. Wenn wir den Dämon mit Namen nennen, haben wir Macht über ihn und können ihn überwinden. Jesus hat die Dämonen nach ihrem Namen gefragt. Sobald der Name ausgesprochen war, war der Bann gebrochen.14 Gerade SECHSer müssen jene Hirngespinste abschütteln, die ihr Dasein beherrschen.

Von Haus aus werden SECHSer eine Form von Spiritualität und Frömmigkeit vorziehen, die strukturiert, geordnet und ein bisschen verkopft ist: „Sage ich die richtigen Gebete? Sage ich sie auf die richtige Weise?“ Die vorkonziliare katholische Kirche war darauf fixiert, dass die richtigen Worte gesprochen und das Messoffizium korrekt vollzogen wurden. Es ging immer um Worte: das Brevier lesen, die richtigen lateinischen Formeln der Messe aufsagen. Das alles war zu wortreich, zu viel linke Gehirnhälfte.15 Vor allem seit immer mehr Frauen die Kirche prägen und uns ihre Weise der Wahrnehmung vermitteln, entwickeln sich Gebetsformen, die mehr an der rechten Gehirnhälfte orientiert sind, stärker von der Intuition und vom Körper herkommen und mehr „Herz“ haben. Die Männer der westlichen Gesellschaft haben sich bisher mit der SECHSer-Energie sehr wohlgefühlt. Wir behaupten nicht, dass es nicht auch Frauen gibt, die so strukturiert sind. Aber Männer haben dieses Spiel erfunden und seine Regeln festgelegt, das viele unserer Institutionen bis heute bestimmt. Deswegen wird es gerade für SECHSer-Männer hilfreich sein, sich von fest gefügten und vorgegebenen Formen der Frömmigkeit zu emanzipieren – auch auf die Gefahr hin, „Fehler“ zu machen.

Ein geistliches Leben, das SECHSern hilft, sich aus ihren Zwängen zu lösen, sollte so angelegt sein, dass ihr persönliches Gottvertrauen und ihr Selbstvertrauen gestärkt werden. Es geht darum, eine warme, innige Herzensbeziehung zu einem persönlichen Gott zu entwickeln, bei dem man sich fallen lassen kann. Um das zu erreichen, ist es hilfreich, eine Gemeinschaft zu

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