Das Doppelgrab in der Provence by Gisbert Haefs

Das Doppelgrab in der Provence by Gisbert Haefs

Autor:Gisbert Haefs [Haefs, Gisbert]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-04-26T04:00:00+00:00


Auf der Rückfahrt schwiegen sie zunächst.

»Ist dir was aufgefallen?« fragte Baltasar schließlich.

Ariane riß sich von den Lichtkegeln der Autoscheinwerfer los. »Verschiedenes«, murmelte sie. »Vor allem hatte ich das deutliche Gefühl, daß er nicht über meine Anwesenheit erbaut war, und habe mich deshalb zurückgehalten. Ob er was gegen Frauen allgemein hat?«

Baltasar kicherte. »Was haben der nackte Hippolytos, Alexander, Sokrates, Gide und Cocteau gemeinsam?«

Sie machte eine Handbewegung. »Ja, natürlich, aber das meine ich nicht. Es gibt reichlich Homosexuelle, die gut mit Frauen auskommen.«

»Das stimmt schon, außerdem hat er ja eine Haushälterin und Köchin im Haus gehabt. Vielleicht gefiel ihm deine Nase nicht, oder er war nur verstimmt, weil ich beim Telefonieren nichts davon gesagt hatte, daß ich nicht allein kommen würde. – Aber das ist es nicht. Ich meine etwas anderes, was dir hätte auffallen müssen.«

Ariane stieß ein mißverständliches Geräusch aus. »Du meinst, daß er regelrecht zusammengezuckt ist, als du behauptet hast, du könntest dieses komische Testament entschlüsseln?«

»Das auch. Daran ist aber noch was faul. Wie kommt es, daß jemand, der eifrig Bücher über die wildesten historischen und unhistorischen Themen schreibt, ausgerechnet bei diesem Testament sagt, er hält es für gefälscht? Hat ihn die Frage von echt oder falsch denn bei seiner Erlkönig-Saga gestört? Eigentlich müßte er auf die Sache doch richtig anspringen.«

»Vielleicht hat er dieses Ding wirklich mit Bronner schon bis zum Erbrechen diskutiert und keine Lust mehr?«

Baltasar wich einem Schlagloch aus. »Möglich. Glaube ich aber nicht. Wie gesagt, dieses karthagische Testament ist im Prinzip genau das, was Demlixh sonst immer sucht und verwertet. Ich kann mir eigentlich nur einen Grund denken: Er spielt die Sache herunter. Er ist so ungeheuerlich daran interessiert, daß er um jeden Preis vermeiden will, interessiert zu erscheinen.«

»Aber warum denn diese Verstellung?«

»Oh, da ist noch viel mehr Verstellung. Ich glaube kein Wort von dieser Fischvergiftung.«

Er schwieg, und Ariane starrte ihn von der Seite an, verblüfft. »Wieso? Was denn?«

Baltasar trommelte mit den Fingern der Rechten auf dem Lenkrad herum. »Paß mal auf. Demlixh erleidet eine Vergiftung, die ihn so schwächt, daß seine druidischen Freunde für ihn Steinchen aufbauen. Seine Haushälterin stirbt an der gleichen Vergiftung. In der Zeit, in der er mühsam zu genesen sich anschickt, korrigiert er die Fahnen seines neuesten Meisterwerks zu Ende, liest provenzalische Zeitungen und schreibt mir einen Brief, in dem er mich auffordert, ihn zu besuchen. Typischer Rekonvaleszent, wie? Außerdem ist da noch etwas ganz anderes.«

Da er nicht weitersprach, fragte Ariane, was er meinte.

»Erinnerst du dich an den Artikel, den ich dem Reporter nach dem Überfall in Les Baux diktiert habe?«

»Natürlich.«

»Dann solltest du dich auch daran erinnern, daß gedruckt wurde, uns hätten mehrere Männer überfallen. Verstehst du?«

Ariane verstand. »Du meinst, er steckt dahinter?«

»Wenn er nicht dahintersteckt – wieso fragt er mich dann, ob ich mich an den dritten erinnern kann? Ich hatte gesagt, zwei von ihnen sind so und so groß und schlank. Wenn er nichts weiß als das, was im Artikel stand, könnte er vielleicht fragen: Wieviel waren es insgesamt, und wie sahen die anderen aus, aber niemals: Erinnern Sie sich an den dritten.



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