Das Buch der Gleichnisse by Enquist Per Olov

Das Buch der Gleichnisse by Enquist Per Olov

Autor:Enquist, Per Olov [Enquist, Per Olov]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Carl Hanser Verlag
veröffentlicht: 2013-11-22T05:00:00+00:00


Kapitel 6

Das Gleichnis

vom veruntreuten Pfund

Immer unklarere halluzinatorische Verwechslungen. Auf den neun herausgerissenen Blättern noch keine Zeichen sichtbar. Er wirkt immer unsicherer. Nach wem sucht er? Die Bearbeitung der Rede im Gemeindehaus kommt immer schleppender voran.

Was ist los?

Vielleicht hat der Hund am Ende die Witterung des Jungen Siklund aufgenommen. Eigentlich hatte er Angst vor ihm. Der Junge war im Herbst 1977 vierundzwanzig. Er selbst war dreiundvierzig. Er wurde da Zeuge der Auferstehung, vorausdeutend. Die wirkliche sollte sich viele Jahre später auf Island ereignen.

Der Hund nimmt erst da seine eigene Witterung auf.

Er hatte am letzten Abend mit dem Jungen zusammengesessen, es war ein Sonntag in der letzten Novemberwoche 1977, vor dem letzten Selbstmordversuch.

Lisbeth war im Zorn gegangen und hatte mit der Tür geknallt. Eine Stunde später war E selbst gegangen, weil der Junge gesagt hatte, er habe wirklich alles erzählt, verstehen musst du es schon selbst, hatte er hinzugefügt, allerdings nicht unfreundlich, und dann hatte er nur noch dagesessen und »Sailing« von Rod Steward gesungen.

Es gab nichts mehr zu erzählen, aber alles zu verstehen; er ging.

Das Experiment mit dem Jungen war abgeschlossen. Er selbst war vielleicht Kontrollgruppe gewesen, auf seine Weise, es war unklar, er fühlte sich unklar. Er hatte die Tür zum Zimmer des Jungen hinter sich geschlossen und war den Korridor entlanggegangen, und da plötzlich war ihm eingefallen, was er erlebt hatte: Es war wie ein Film aus den frühen siebziger Jahren, Five Easy Pieces.

War es nicht einer von Jack Nicholsons frühen Filmen?

Er handelte, wenn er sich richtig erinnerte, von einem jungen Pianisten, der aufgegeben hatte, vielleicht weil er in seine Schwester verliebt war, vielleicht war er ein gescheiterter Komponist, der den Ton des Werks, das er schrieb, nicht zu fassen bekam, es war wohl eine Sinfonie. Hatte er, es war wahrscheinlich Jack Nicholson, nicht etwas von Sibelius und dessen Arbeit an der Achten Sinfonie gesagt? Jedoch ohne zu wissen, dass der Zusammenbruch auf den Alkohol zurückzuführen war!, dass Sibelius scheiterte, weil er so voll war, aber das konnte Nicholson wohl nicht wissen. Auf jeden Fall war er von zu Hause abgehauen und hatte auf einer Ölbohrinsel gearbeitet. Und dann war er zurückgekehrt, zur Ziehschwester, an deren Namen er sich nicht erinnern konnte, aber sagen wir zum Beispiel Eeva-Lisa, das ist immerhin ein Name. Und auch zurückgekehrt zum Vater, der vom Schlag getroffen worden war und ihn nur ganz leer mit blanken, beinahe wässerigen Augen ansah, als stände er am Ufer des Flusses.

Er überdenkt, und radiert. Immer schwerer, klar zu denken. Welcher Fluss? Der der Einsicht oder der des Todes? Und der Fluss des Todes war anders, nicht Klarheit, sondern ein schwarzes Schaffell, das im Krankenwagen um ihn gestopft war, während das Herzflimmern ihn hochhob, und immer höher!!!

Da war es gekommen, dieses letzte Gespräch. Oder die letzte Abrechnung, zwischen dem Vater und dem Sohn, der abgehauen oder geflohen war. Es war auf der Wiese vor dem Haus, dessen Farbe nicht auszumachen war, es war ein grasbewachsener Hang, nicht so ausgedehnt, sah aus wie ein halbes Kuhland.

Der Traum und der Film und das Erwachen wichen die ganze Nacht nicht.



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