Das Babylon-Virus by Rother Stephan M

Das Babylon-Virus by Rother Stephan M

Autor:Rother, Stephan M. [Rother, Stephan M.]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 344237443X
Herausgeber: Blanvalet Taschenbuch Verlag
veröffentlicht: 2013-01-04T23:00:00+00:00


»Die Partitur ist rudimentär lediglich«, murmelte der Bassist. Er hatte eine der Türen geöffnet, die von dem langgestreckten Korridor abgingen, und Amadeo bedeutet, ihm zu folgen. Über eine gewundene Metallkonstruktion - eher eine Feuerleiter als eine echte Treppe - hatten sie die obere Etage der Lagerhalle erreicht. Zu Amadeos Verblüffung bestand sie aus einem einzigen, hellen Raum, dessen deckenhohe Fensterfront auf die Docks hinausging, den Flusslauf der träge dahinströmenden Themse und ein Meer von Häusern am jenseitigen Ufer, das bereits zu Greenwich gehören musste.

Vor den Fenstern aber stand ein Konzertflügel, ein wunderschönes Stück aus dunkel lackiertem Holz, an dem Styx sich niederließ.

»Sie sind gezwungen zu improvisieren, wenn Sie dies spielen wollen«, sagte er leise, stellte Händels Brevier vor sich hin und ließ in einer etwas dramatischen Geste seine Fingerknöchel knacken.

Ohne zu zögern, griff er in die Tasten. Amadeo war baff. Virtuos klang das nicht, doch er war sich nicht einmal sicher, ob Styx darauf überhaupt Wert legte. Nach einer barocken Komposition hörte es sich auf jeden Fall an, schwierig zu spielen, filigran in den musikalischen Wendungen. Die Stirn des Musikers legte sich in Falten. »Würden Sie die Seiten umwenden, wenn ich nicke? - Jetzt!«

Amadeo war eben schnell genug. Styx spielte weiter ohne abzusetzen. Er musste geahnt haben, wie die Melodie sich fortsetzte, und auch Amadeo selbst erkannte jetzt, dass es sich um Variationen ein und desselben Themas handelte. Ein Thema, das in einer Geschwindigkeit gespielt wurde, dass ihm schon vom Zuschauen die Luft wegblieb.

»Damn!«, brach Styx endlich ab. »Haben Sie das gehört? Er hat hineingegeben demi-semiquavers am Ende. Die Hälfte einer Sechzehntelnote … wie sagen Sie in Ihrer Sprache?«

»Zweiunddreißigstel«, murmelte Amadeo. Automatisch übersetzte er ins Deutsche anstatt in seine eigentliche Muttersprache. Sollte der Musiker ihn weiter für einen Deutschen halten, das machte jetzt auch keinen Unterschied mehr. »Wissen Sie, ob Händel oft mit Zweiunddreißigsteln gearbeitet hat?«, fragte er.

»Surely.« Nachdenklich betrachtete der Bassist die Partitur, blätterte auf die erste Seite zurück. »Sie waren sehr neckisch im Barock und haben noch kürzere Noten genutzt teilweise. Oftmals können Sie diese Raffinesse gar nicht erfassen, wenn Sie lauschen.«

Der Restaurator nickte verstehend. Eindeutig: Helmbrecht hatte den richtigen Riecher gehabt, während Amadeo den Bassisten unterschätzt hatte. Selbst wenn Styx nach den Zweiunddreißigsteln der Schweiß auf der Stirn stand, war doch unübersehbar, dass sein musikalisches Wissen weit über die Beatles und die Stones zurückreichte.

Doch im Moment machte der Bassist keine Anstalten, weiterzuspielen. Mit grüblerischer Miene betrachtete er die Partitur, blätterte zwischen den ersten beiden Seiten vor und zurück. »Sie hatten gefragt, ob mir etwas ausfällt möglicherweise?«

Amadeo nickte. Styx sah nicht von den Noten auf. »Möglicherweise«, wiederholte er leise.

»Und was ist es?«, fragte Amadeo angespannt.

»Ich kann noch nicht den Finger darauf setzen«, murmelte Styx und schlug die folgenden Seiten um, wobei er ab und zu innehielt und kurze Passagen auf seiner Klaviatur griff. »Ich könnte im Irrtum sein.«

Schließlich war der Bassist auf den letzten Seiten angekommen. Amadeo trat hinter ihn, versuchte sich die Unruhe nicht anmerken zu lassen.

Zögerlich legte der Musiker die Finger auf die Tasten und begann



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